Eine leicht geschwungene Keule – Best of 15.3.2023
Harald Projanski/Junge Welt macht es sich nicht weniger leicht, als sein selbstgewählter Widerpart Timothy Snyder: “Wie rechts ist der Kreml? – Westliche und ukrainische Ideologen werfen Russlands Führung im Kontext des Krieges »Faschismus« und Rassismus vor”. Projanski gibt informative Hinweise zu Putins ideologischem Background. Er versucht es dankenswerterweise gar nicht erst, das fortschrittlich erscheinen zu lassen. Positive Bezüge auf die Zarenzeit – weiter rückwärts sind wir dann bei den Hunnen. Ihm reicht Putins antifaschistische Rhetorik aus, um ihn vom Faschismusverdacht freizusprechen. Die Augen fest verschlossen.
Ich bin persönlich mit “Kaukasiern” befreundet. Was sie in Moskau oder Petersburg erleben müssen – da will mann nicht dazwischen sein. Putins Militarismus wurde früh kenntlich. Mitten in Moskau wurden komplette Wohnhäuser in die Luft gesprengt – ein skandalöses Versagen aller Behörden und Dienste, die für Sicherheit in Russland verantwortlich waren. Sie antworteten darauf, “uns” nicht unähnlich, mit Islamismusverdacht, diskutierten nicht lange, sondern führten direkt mal einen völkermörderischen Krieg, der mit der Einsetzung eines Mafiabosses als Provinzherrscher “siegreich” endete. Wikipedia schiebt die Sprengungen direkt Putin in die Schuhe – ein einfaches Weltbild, das in diese Zeit passt. Die islamistischen Terroristen gab und gibt es nur leider wirklich, ob sie “es” nun waren oder nicht.
Projanski erwähnt lobend die Legalität der “Kommunistischen” Partei Russlands. Kunststück, vertreten sie doch exakt so eine nationalbolschewistische Linie, wie sie Lenin laut Projanski immer bekämpft hat. Wären sie anders, wären sie verboten. Eins von vielen Indizien, dass das gegenwärtige Russland nicht nur rassistisch, sondern auch frei von Meinungsfreiheit ist. Und von Gewaltenteilung sowieso. Aber die finden Kommunist*inn*en, so weit ich weiss, sowieso nicht so gut, wenn sie eines Tages mal selber dran sind (die meisten träumen nur davon).
Dagegen liefert Peter Nowak/telepolis dieses Mal regelrecht gute Orientierung: “Es geht um die Zerteilung der Russischen Föderation – Wie im Diskurs um ‘Dekolonisierung’ alte Pläne des deutschen Imperialismus neumodisch begründet werden. Der reale russische Nationalismus begünstigt dies. Er macht es aber nicht richtiger.” Eine der von ihm Genannten nannten wir in meiner WG (70er bis 90er) “Gesellschaft zur Bedrohung von Völkern”. Freilich ist Nowaks Kritik an den “Staatszerlegern” eine allzu einfache Schuldzuweisung. Sie konnten auf fruchtbaren Boden zurückgreifen: sowohl die Sowjetunion als auch Jugoslawien konnten von den Zerlegern zerlegt werden, weil sie innerlich morsch waren – ein wichtiger Teil der Wahrheit, der schon zu Beginn der 80er Jahre für mich bei einer Durchreise durch Jugoslawien unübersehbar war: Modelleisenbahnland Slowenien und “Dritte Welt” im Kosovo. Aber zweifellos: die weltweite Ausbreitung von Chauvinismus, seien wir ehrlich, will niemand von uns wirklich erleben – nicht mit den heute verfügbaren Techniken zur Menschheitsvernichtung.
Wolfgang Sachsenröder/telepolis gibt einen informativen Überblick über entsprechende Dienstleistungsanbieter: “Die ‘Gruppe Wagner’ und andere internationale Schattenkrieger – Das private Militärunternehmen ist ein zentraler Akteur der russischen Invasion. Dabei folgt der Söldnertrupp einem globalen Trend. Was Julius Caesar damit zu tun hat.”
Und Oliver Eberhardt/telepolis benennt ein relevantes Beispiel jener Nicht-Europäer, die sich verständnislos abwenden: “Emirate: Blendende Geschäfte mit den Russland-Sanktionen – Trotz massivem Druck aus den USA und der EU bleiben die Vereinigten Arabischen Emirate bei ihrer Neutralität. Der Handel mit Russland hat sich sogar vergrößert – ein Lehrstück über den begrenzten Einfluss der westlichen Außenpolitik.”
Nach solchen Eindrücken brauchen Sie vielleicht wie ich ein bisschen Schadenfreude. Die liefert uns Leon Gerleit/telepolis mit einem Blick in das Innenleben der US-amerikanischen Rechten (Vorsicht: Gruselgefahr!): “Fox News: Panische Angst vor der politischen Basis – Elitäre News-Macher und Einschaltquoten: Was die Propagandamaschinerie des US-Senders mit Trump gemein hat – außer einer Neigung zu Fake News und Mythomanie.”
Die gute Nachricht: Wasserstrategie
Extradienst-Abonnent*inn*en werden von mir schon seit längerem mit Hinweisen auf die Süsswasser-Versorgungslage versorgt. Bei mir persönlich liegt es daran, dass ich in einem sehr hitzeempfindlichen Körper lebe, und vermutlich eines Jahres in einem Hitzesommer ableben dürfte. Da ich aber gerne lebe, informiere ich mich sorgfältig über entsprechende Verlängerungsoptionen.
Die gegenwärtige Bundesumweltministerin Steffi Lemke ist mir nie persönlich bekannt geworden. Ich kenne aber etliche Menschen, die sie kennen. Über sie verfestigte sich das Bild einer sehr hartnäckigen und sorgfältigen Arbeiterin mit professionellem strategischem Denkvermögen. Mir als Bürger, Wähler und notgedrungen auch Untertan, gibt das ein gutes Gefühl. Gestern war ein grosser Tag für Lemkes PR: ihre “Wasserstrategie”. Kompliment, gut gemacht. Es folgen die Mühen der Umsetzung.
Wahlrechtsreform: der erste vernünftige Text
Stefan Niggemeier/uebermedien: “Newsflash: Man muss den Bundestag gar nicht verkleinern, wenn man nicht will”.
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