Halten die Herrschenden die Apokalypse bereits für unvermeidlich? – Best of 25.April 2023

Wie sonst ist ihre Politik zu erklären? Insbesondere die “unserer” Herrschenden. Ein paar Indizien, was die derzeit treiben. Jacobin hat einen Buchbeitrag von Wolfgang Streeck online gestellt: Augen zu und rein: Deutschland im Krieg – Der Ukraine-Krieg wird routinemäßig als Konfrontation zwischen Autoritarismus und Demokratie dargestellt.” Einerseits das meiste richtig beobachtet; andererseits mit einem defätistischen Zungenschlag. Er hält die veröffentlichte (und vermachtete) Meinung nur recht notdürftig mit der öffentlichen Meinung auseinander. Denn der Unterschied zwischen diesen beiden hat sich zuletzt rapide vergrössert.

Hier die Gegenmittel

Die ersten Machtlautsprecher versuchen bereits den Sudan-Konflikt in das von Streeck beschriebene Raster zu packen. Was macht der Russe? Was der Chinese? In diesen Projektionen ist vor allem das Selbstbild derer zu entdecken, die jeden Konflikt so betrachten. Nehmen Sie lieber Uwe Kerkow/telepolis: Eskalation im Sudan: Anzeichen eines neuen Stellvertreterkrieges – Plötzlicher Ausbruch von Kämpfen überraschte Beobachter. Konflikt auch Folge eines Putsches 2021. Diese zwei Großmächte könnten hinter dem Konflikt stehen.” Er wäscht niemand weiss, der*die es nicht verdient hat, quetscht aber auch nichts in bereitgestellte Klischees.

Dazu rät auch Bernhard Gulka/telepolis: Wie sich Kriegsgegner vom Kreml-Verdacht befreien können – Washington-Post-Artikel über Moskauer Pläne für deutsche Politik bringt Kriegsgegner in Bedrängnis. Einmal mehr gelten sie als ‘gesteuert’. Doch es gibt einen Ausweg.” Es könnte so einfach sein. In den innerparteilichen deutschen Bürgerkriegen geht es aber nicht um richtige oder falsche Analysen und Parteinahmen, sondern um Diffamierung und Besiegen innerparteilicher Widersacher*innen. Das Thema Krieg wird dafür nur instrumentalisiert. Wer so bewusstlos agiert, hat weder Kraft noch Fähigkeit, gesellschaftlich wirksam zu agieren. Und scheidet entsprechend fürs Ernstgenommenwerden aus.

Über die sich “Die Linke” nennende Partei redet also kaum noch jemand. Sie selbst ist mit sich selbst beschäftigt. Der Rest diskutiert, ob die jungen Apokalyptiker*innen aus der Klimaschutzbewegung nun richtig oder falsch liegen. Und die ganz Bekloppten, weit rechts bei der FAZ, versuchen verzweifelt eine “Klima-RAF” herbeizuschreiben, was ihrer verkauften Auflage aber erfreulicherweise mehr schadet als nutzt (FAZ -7,1%).

Klima – noch wichtig?

Wer Zeit hat, sich darüber aufzuregen, hat für die wichtigen Sachen keine Zeit. Auch die im eigenen Blatt nicht. Hier zum Thema sachlich heiss der DLF, mit Link zur Originalquelle. Und hier dazu Wolfgang Pomrehn/telepolis.

Das sind keine Zukünfte, keine Kriegsfolgen, sondern brennender und schmelzender Alltag: Till Fähnders, FAZ-Singapur: Hitzewelle in Asien : Wenn die Sonne Straßen schmilzt – Große Teile Asiens leiden derzeit unter einer extremen Hitzewelle. Der Klimawandel und das El-Niño-Phänomen befördern die Temperaturen – die kommenden Jahre könnten dadurch heißer werden als je zuvor.” Wie schön, dass das Organ des Frankfurter Klassenfeindes sich noch Auslandskorrespondent*inn*en leistet, die bei der Konkurrenz längst eingespart sind.

Schlimm vor allem der Chinese. Der macht jetzt sogar mit seinem völlig übertriebenen Klimaschutz (das könnte von Wissing sein, oder?) die stärksten und besten Teile “unserer” Industrie kaputt, wie ein grosser Junge die Bauklötzchen von den Kleinen umstösst: Hans-Josef Fell/telepolis: China überholt die Welt bei E-Autos und Erneuerbaren – China ist zum Weltmarktführer bei der Energiewende aufgestiegen. Das und Umweltauflagen könnten westliche Großkonzerne zum Wanken bringen. Steht VW in China bald vor dem Aus?”

Und jetzt Sie!

So, jetzt entscheiden Sie am besten selbst über wichtig und unwichtig – und über wen Sie sich jetzt mal so richtig empören wollen. Aber bitte vergessen Sie es nicht bis morgen, sondern denken Sie weiter, was jetzt zu tun ist. Wir dürfen und können das. Das ist viel Verantwortung.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net