Nein, mit dieser Überschrift möchte ich mich nicht wild um mich schlagend in irgendeine Genderdebatte stürzen. Sondern damit wende ich mich gegen die sog. “Transhumanisten” – die eigentlichen und besonders mächtigen Feinde des Humanismus. Sie dürfen mit diesem Begriff nicht geschmückt werden, dessen gegenwärtige Realität sie “überwinden”, also radikal zerstören wollen. Das zeigt der Kollege Andreas von Westphalen/telepolis kompakt, verständlich und nachvollziehbar auf: Transhumanismus und KI: Bedrohung des Menschen – Partystimmung in Silicon Valley: Die Grenzen des Lebens werden gepusht. Mit einer erschreckend simplen Vorstellung des Menschen – und gravierenden Folgen?”

Herr Westphalen und ich haben uns korrespondierend schon angefreundet, obwohl wir uns im wahren Leben – nach meiner Erinnerung – noch nicht begegnet sind. Am vorletzten Wochenende hätte es geschehen können, und scheiterte leider an mir. Nach Lektüre dieses Textes bedaure ich das noch mehr.

Denn nach diesen Erkenntnissen geht die Debatte erst richtig los. Die benannten Kräfte der US-IT-Industrie sind ökonomisch und politisch aussergewöhnlich mächtig. Die Einen bespenden Biden, die Andern bespenden Trump. Ihr “Sieg” im November ist also sicher.

Ich versuchte mich bei der Lektüre damit zu beruhigen, dass wer so bescheuerten Theorien und Analysen hinterhechelt, an den Fakten scheitern wird. Dummerweise – das sehen wir an den meisten Kriegen in der gegenwärtigen Geopolitik – sind die ökonomischen und gesellschaftlichen Fakten vielen Mächtigen schlicht egal. Sie handeln (und schiessen und morden), wenn sie es für richtig halten – und machen darüber keine Volksabstimmung. Daran nähmen ja dumme unberechenbare Menschen teil – völlig fehlerhafte Wesen fern jeder Optimierung.

Daraus ergibt sich zwingend zur Rettung der Grund- und Menschenrechte sowie der Demokratie die Frage: wie nehmen wir diesen selbstreferentiellen Egomanen ihre unermesslich angehäufte ökonomische und politische Macht wieder ab? Wo sind politische Kräfte und Organisationen, auf die wir dabei setzen können?

Denn das Fatalste an diesem Diskurs ist: die von uns gewählten Verantwortlichen in freigewählten Parlamenten sind von anderen Konflikten so ausgelastet, und in dieser Grundsatzfrage so ahnungs- und handlungslos, dass es schwerfällt, kämpferischen Optimismus zu entwickeln. Ausser durch die Erkenntnis, dass diese Techno-Faschisten im tiefsten Inneren sogar selbst wissen, dass sie nicht gewinnen können. (Der Freitag hat seine deutsche Übersetzung dieser Guardian-Story von 2018 dämlicherweise digital eingemauert.)

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net