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Die deutsche Seele

„die deutsche Seele von den Verirrungen der Moderne zu heilen …“ –
Kluger Beitrag von Claudius Seidl zur Teileröffnung der Potsdamer Garnisonskirche

Die Bundesrepublik leistet sich mit dem Berliner Stadtschloss und der Potsdamer Garnisonskirche eine ziemlich trübe Baupolitik. Statt die Nachwendezeit zu nutzen, um auch architektonisch weit ins 21. Jahrhundert voraus zu denken, macht man auf Retro und sucht mit preußischer Barocktapete auf Stahlbeton nach der neuen deutschen „Bestimmung“ – teilfinanziert von Rechtsextremen und Holocaustinfragestellern!

Claudius Seidl hat die ästhetischen und geschichtspolitischen Fragwürdigkeiten dieser Baupolitik heute in der FAZ (Paywall) gut zusammengefasst. Das tieferliegende Problem scheint mir die Ideenlosigkeit von wichtigen Teilen der Eliten und German Zukunfts-Ängst zu sein. Hier einige Auszüge aus Seidls Beitrag:

„Jetzt ist es allerhöchste Zeit, danach zu fragen, wem wir alles das zu verdanken haben: wer all diese Rekonstruktionen angeregt, befördert, unterstützt und schließlich durchgesetzt hat mit Einfluss, Macht, Geld. Und was dabei die Motive waren.“

„Die Leute, von denen die ersten Impulse zum Wiederaufbau der Garnisonkirche, des Wallfahrtsorts der Republikfeinde und Militaristen, kamen, die Menschen, die das Projekt am hartnäckigsten betrieben haben, waren zu großen Teilen solche, die man Nazis oder Rechtsradikale nennen muss. Und unter denen, die Geld gespendet haben, damit dem Neubau des Berliner Humboldt-Forums eine barocke Fassade vorgeblendet werden konnte, waren Holocaustinfragesteller, Antidemokraten, AfD-Mitglieder.“

„Wenn es den preußischen Bauten am Charme und der Beschwingtheit des italienischen oder süddeutschen Barocks fehlt, bleiben die schiere Größe, die Demonstration der Macht, die herrische Geste. Eigentlich, so liest man in den rechten Publikationen, müsste ein deutscher Herrscher im Berliner Schloss residieren.“

Über Reinhard Olschanski / Gastautor:

Geboren 1960, Studium der Philosophie, Musik, Politik und Germanistik in Berlin, Frankfurt und Urbino (Italien). Promotion zum Dr. phil. bei Axel Honneth. Diverse Lehrtätigkeiten. Langjährige Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent im Bundestag, im Landtag NRW und im Staatsministerium Baden-Württemberg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Politik, Philosophie, Musik und Kultur. Mehr über und von Reinhard Olschanski finden sie auf seiner Homepage.

2 Kommentare

  1. Roland Appel

    Seele? Rechtes Geld bestimmt die Welt! Es ist auch ein Problem der handelnden Politik, dass solche Skandale möglich sind. Das Land Rheinland-Pfalz und die Stadt Koblenz hätten verhindern können. dass nach der Vereinigung am “Deutschen Eck” dieses absurde, pompöse und die Freundschaft mit Frankreich von heute verhöhnende Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I. aufgestellt wurde. Ein reaktionärer Verleger hat es zunächst dem Land RLP aufgedrängt, die CDU-Regierung nahm an, Nachfolger Scharping versuchte zurückzurudern, schenkte dann aber die Landzunge, die vorher in Landeseigentum war, der Stadt Koblenz. Diese wiederum knickte von dem Spender ein. https://de.wikipedia.org/wiki/Kaiser-Wilhelm-Denkmal_am_Deutschen_Eck
    ein Paradebeispiel für fehlendes demokratisches Selbstbewusstsein deutscher Politiker*innen.

  2. Helmut Lorscheid

    Es war Wolfgang Thierse, (SPD) der maßgeblich dafür gesorgt hat, dass der Palast der Republik – also die Stelle, wo die DDR den Beitritt zur Bundesrepublik beschlossen hat, abreissen ließ und sich mit allerlei reichen und reichsdeutschen Preußen, Militärismus, und auch Nazi-Verehrern für diesen Unfug einsetzte, dort irgendwie ,nach irgend einer Vorlage ein Schloß nachbauen zu lassen. Schade, dass die Verantwortlichen in der DDR nicht wirklich alle Steine vom Schluss mit Walzen behandelt und pulverisiert haben. Thierse hat an anderen Stellen in Berlin durch aus gezeigt, dass er auch Gutes bewahren mag. Beispiel: Die in seiner direkten Nachbarschaft befindliche “Kulturbraucherei” am Prenzlauer Berg in Berlin. Auch die gäbe es wohl ohne Thierses Engagement nicht mehr, zumindest nich so liebevoll restauriert.

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