Von Olaf über deutschen Medienföderalismus bis China

Stefan Reinecke/taz ist dem Bundeskanzler hinterhergereist, mit dem Nahverkehrszug (wenn einer fuhr). Ein Ausflug in zaghaft medial gecastete gesellschaftliche Wirklichkeitssimulation, für Olaf Scholz offenbar eine Trainingsstunde von gemässigtem Schwierigkeitsgrad: Olaf Scholz in Brandenburg an der Havel: Wir sollten uns entspannen – Olaf Scholz kontert beim Bürgergespräch in Brandenburg rechtspopulistische Fragen. Und klingt manchmal wie Christian Lindner.” Ja, ich erkenne ihn wieder. In diesen Leitplanken kommt der vorsichtige Olaf gut klar.

Der Terrorjournalismus verbreitende und unter Aufmerksamkeitsdefizit leidende Julian Reichelt dürfte heute auf Kosten seines Milliardärsarbeitgebers eine Flasche teuren Schampus geöffnet haben: der heute Abend gegen den Ball tretende deutsche Muslim Antonio Rüdiger und sein Vorgesetzter DFB verklagen den Herrn Reichelt wg. erwiesenem Rassismus. Kein Link, alle Medien sind voll davon.

Der DFB braucht in vieler Hinsicht Ablenkung. Die 74er Weltmeister sind in bester 74er-Tradition verschnupft über die späte Einladung zur Feier des 50. Jahrestages ihres Triumphes, und organisieren eine eigene Feier im Sommer. Nur die Gladbacher Wolfgang Kleff, Berti Vogts und Rainer Bonhof wollen der Einladung zum heutigen Länderspiel gegen die Niederlande folgen.

Die Realsatire deutscher Medienpolitik

Immer der Musik hinterher, und nicht mehr mit Jahren, sondern Jahrzehnten Abstand. Das kennzeichnet deutschföderale Medienpolitik. Deutsche Landtage beschliessen folgenlose Symbolresolutionen, was Medien aktuell mal gerede tun und lassen sollten – und haben glatt vergessen, wer der zuständige Gesetzgeber ist: sie selbst.

Christian Bartels/MDR-Altpapier macht sich nur scheinbar lustig. Für die Wenigen, die sich überhaupt für die Materie interessieren, ist es extrem schmerzhaft und das fortgesetzte Interesse grenzt an Masochismus: Verzögert, überfordert, im Giftschrank – Die Verwaltungs-Digitalisierung kommt noch etwas später, aber das Digitale-Dienste-Gesetz ist ein bisschen beschlossener. Ein ehemaliger Medienwächter kritisiert den deutschen Medien-Föderalismus bemerkenswert scharf. Der WDR will eine 1980er-Doku über Leni Riefenstahl zwar nicht selber zeigen, gestattet neuerdings aber Kino-Aufführungen.” Norbert Schneider 23 Minuten lesen? Der das Ganze persönlich mitverbockt hat?! Und nun will er – klassisch Protestant – seine Sünden verziehen bekommen, obwohl seine Kirche gar keine Beichte anbietet? Bei Bartels sind sie nach 5 Minuten hinreichend versorgt.

Und jetzt nur mal so zum Vergleich: das unvermeidliche China

Uwe Kerkow/telepolis: Ost trifft West: Chinas Megaprojekt für Daten und Computing – China baut ‘Eastern Data and Western Computing’ aus. Die Volksrepublik treibt ihre Entwicklung voran. Dabei geht auch darum, Chinas Marktposition zu zementieren.”

Schlau daran ist, dass die Kommunistische Partei Chinas sich, anders als uns bekannte demokratische Parteien, von globalen Konzernen kein X für ein U vormachen lässt. Nicht minder gruselig ist die Alternative, die diese Partei repräsentiert. Da bin ich erstens schon wieder froh über den deutschen Medienföderalismus – und dass ich schon 67 bin.

Und hier die – vorläufig – gute Nachricht.

Ziviles Engagement hat Sinn.

Diana Ross 80

Sie war Nummer 1 in England, als ich als Jugendlicher anfing, mich für ausländische Hitparaden zu interessieren. Von ihrer schon abgewickelten “Supremes”-Karriere – die Mütter aller Girlgroups – erfuhr ich erst später. Künstlerisch überzeugte sie mich erst mit ihrem stilsicheren musikalischen Rollenwechsel 1980. Heute dagegen will mann lieber gar nicht wissen, was sich in ihrer Karriere alles an unentdeckten #metoo-Skandalen abgespielt hat. Ziemlich sicher bin ich mir, dass die erfolgreiche Künstlerin sich ihren Körper zwangserhungert hat. Wie die frühe Gaby Köster immer (über andere Modelle!) sachte: “Die hat Hüftknochen, da kannze deine Jacke dran aufhängen.” Aber wissen tu’ ich nichts. Hier die verdiente Hymne (war mit Firefox paywallfrei):

Edo Reents/FAZ: Man hört eine Symphonie – Die mit Abstand Erste unter Gleichen bei den Supremes und auch als Solistin eine unangefochtene Autorität: Diana Ross, die neben Barbra Streisand bedeutendste lebende Unterhaltungskünstlerin, wird 80.”

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net