Nehmen wir die TV-Termine dieser Woche:
Mo. 20.15 h St. Pauli (erstmals in dieser Saison: 5 x 1.Liga)
Di. 20.45 h Champions League (demnächst zusätzlich um 19 h)
Mi. 20.45 h Champions League (demnächst zusätzlich um 19 h)
Do. 19 h & 21.05 h Europa-League
Fr. 18.30 h 2.Liga, 20.30 h 1.Liga
Sa. 13 h 2.Liga, 15.30 h 1.Liga, 18.30 1.Liga
So. 13.30 h 2.Liga (erstmals diese Saison auch 2 x 1.Liga), 15.30 h 1.Liga, 17.30 h 1.Liga
Es gibt immer noch Leute, die sich wundern, dass die Amateurmannschaften, die keine Profikarriere anbieten und am Wochenende spielen müssen, Nachwuchsprobleme haben. Ich wiederum kann aus eigener persönlicher Erfahrung berichten, dass das Zugucken vor der Glotze auch schon körperlich anstrengend ist. Nach zwei Spielen hintereinander ist, da mein Kneipier einfach keine Liegestühle anschaffen will, “alles zuende”.
Doch manchen ist es noch nicht genug. Wie oben schon angedeutet wollen sowohl Uefa als auch DFL die Spieltermine und Anstosszeiten noch weiter ausdehnen. Und Fifa und Uefa wollen das mit den Länderturnieren EM und WM ebenfalls. Damit soll das überschüssige Kapital US-amerikanischer, russischer, arabischer, chinesischer, deutscher, österreichischer und vieler anderer Oligarchen eingesammelt und mit einer sonst in keiner Branche mehr zu erzielenden Rendite verzinst werden. Das sind die feuchten Träume der Fußballoligarchen, und der Armeen von TV-Vermarktern, Rechtsanwälten, Spielerberatern und Spielerfrauen, für die 17, 18-jährige Gladiatoren bereitwillig ihre Knochen hinhalten, weil es für viele von ihnen keine anderen Aufstiegsmöglichkeiten mehr gibt.
Einschub: wer richtigen Fußballsport sehen will, sollte es mal bei den Frauen versuchen. Da stimmt jedenfalls aus Zuschauersicht das Preis-Leistungs-Verhältnis noch.
Nun gibt es aus den USA erste Anzeichen des Überfressens. Wo sonst? Ein Wunder ist das nicht. Der Mensch braucht Rituale, für sein Wohlergehen und sein Sicherheitsgefühl. Der Kapitalismus und natürlich auch die Fußballmafia lösen diese Sicherheiten immer weiter auf. Fußball, das waren Samstag- und Sonntagnachmittage. An diesen Tagen, wer kann sich noch erinnern?, war arbeitsfrei. Ausser von Verwandten und guten Freunden wurde man auch nicht angerufen. Europapokalabende waren mittwochs, und oft so, dass auch Grundschulkinder noch aufbleiben und mitgucken durften. Diese Kindheitserlebnisse haben nicht wenige von ihnen zu Fußballern gemacht, und das obwohl das Fernsehbild zeitweise nicht nur nicht scharf, sondern auch nur schwarz-weiss war.
Es mag sein, dass die meisten diese Sicht als einen liebenswerten Romantikanfall betrachten. Ich halte dagegen: VW und RWE, WAZ und DuMont, Deutsche Bank, General Motors, Ford und Detroit, sie alle haben mal geglaubt, dass niemand ihnen die Weltherrschaft mehr nehmen kann. Jetzt sind sie selbst “Opfer” des Systems, das sie verehrten.
Schade um den Fußball. Wenn sie ihn und eine gute Bratwurst wirklich lieben, besuchen sie mal wieder ein Bezirks- oder Kreisligaspiel. Oder eins von den Frauen.
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