Das Quotenrennen der TV-Sender hat die ARD gestern ein weiteres Mal verloren, reingelegt von der Frauen-DFB-Elf, die bei der EM in den Niederlanden vergangenes Wochenende schon im Viertelfinale ausschied. Weil sich die Sender gegenüber den UEFA-Mafiosi neben dem Bezahlen auch zum Senden verpflichten müssen, musste die ARD gestern das Halbfinale ohne deutsche Beteiligung übertragen. Das eine, Dänemark gegen Österreich, versteckte sie im Sender “One”, 0:0 n.V., 3:0 i.Elfmeterschiessen, erste dänische Schützin wieder Nadia Nadim.
Grosses Glück hatte die ARD mit dem Abendspiel: Niederlande gegen England, wie sich herausstellen sollte gefühlt wie ein “vorgezogenes Endspiel”. Die Engländerinnen spielten kämpferisch heiss, wie auf Drogen, zu keiner Sekunde mit den Kräften nachlassend, mit viel Pech (Pfosten, Latte etc.), und in einem Spiel ohne Torhüterinnenfehler. Die Niederländerinnen spielten vor eigenem Publikum natürlich auch heiss, aber einen Tick taktisch klüger, unter dem Strich auch kräfteschonender, wenngleich dieser Ausdruck auf dieses Spiel kaum anwendbar ist, und effizienter. Beim 2:0, dem faktischen KO profitierten sie ausserdem von einem englischen Abwehrfehler, der einem Eigentor viel näher kam, als das 3:0 unmittelbar mit dem Schlusspfiff.
Das Ergebnis ist ungerecht, ein 1,5:1 oder noch besser 3,5:3 hätte die gezeigten Leistungen korrekter wiedergegeben. Bemerkenswert: eine cool bleibende Trainerin Sarina Wiegman war, gerade was die mentale Einstellung ihres Teams betrifft, klare Siegerin gegen den männlichen Heißmacher Mark Sampson, denn das war das klitzekleine Tüpfelchen, das den Unterschied zwischen zwei gleichstarken Mannschaften ausmachte.
Und das machte das Spiel auch so absolut sehenswert. Auch nach dem 2:0 hatte man als Zuschauer das beständige Gefühl, die Engländerinnen könnten noch zurückkommen, sie versuchten alles, ihre Körpersprache verriet ausschliesslich Siegeswillen, und sie verlangten ihren Gegenspielerinnen alles ab.
Das war Werbung für den Frauenfussball. Die Spielerinnen sind alle Pionierinnen, denn mit ihnen beginnt erst seine globale Professionalisierung. Jene unter ihnen, die internationale Spitzenklasse verkörpern, ziehen auch hinaus in die Fußballwelt, (noch) nicht zum reichwerden, sondern um sie, die Welt, zu sehen. Das macht bisher den Charme und den Sehenswert dieser Sportart aus: dass die Gladiatorinnen noch nicht perfekt sind, dass der Sport noch (!) vor dem Entertainment steht, dass sie uns noch ähnlicher sind, als ein Neymar oder Messi. Fast 1 Mio. mehr, als tags zuvor den Fußballkonzern aus dem süddeutschen Raum, haben dieses Halbfinale ohne deutsche Beteiligung geguckt. Zum Vergleich: das parallel gesendete Ausscheiden der Jungs des SC Freiburg aus der Europaleague im SWR guckte ein Zehntel dieser Zuschauerzahl.
Zu den Rahmenbedingungen des Frauenfußballs schrieb lesenswertes der politische Sportjournalist Ronny blaschke, dessen Manuskript offensichtlich von FR und SZ unterschiedlich bearbeitet wurde.
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