Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sind die klassischen Aufgaben einer rechtsstaatlichen Polizei. Sie allein kann die Gesetze und das staatliche Gewaltmonopol kompetent und verhältnismäßig ausüben. Dafür wird sie gut ausgebildet, ist rechtskundig, wird im öffentlichen Dienst angemessen bezahlt und ist deswegen unparteiisch und unbestechlich.
So jedenfalls sollte die Polizei eines Landes sein, dazu gehört allerdings, dass sie technisch gut ausgestattet wird, dass sie von unnötigen Aufgaben entlastet wird, dass ihre Beamten im Streifendienst durch Angestellte im Backoffice von Bürokratie entlastet werden. Natürlich gehört auch Prävention zu den polizeilichen Aufgaben, und es ist gute Trdition, dass sie dabei in bestimmtem Umfang auch mit Verbänden der Jugendhilfe, Drogeninitiativen und anderen Selbstorganisationen zusammen arbeiten. Allerdings ausgesprochen nicht im Sinne von „Hilfssherriffs“ oder Zuträgern aus ihrer Klientel.

Was Herbert Reul jetzt in NRW mit seinen angekündigten „Sicherheitspartnerschaften“ versucht, wirft ein schlechtes Licht auf die Polizei in NRW. Er will Logistikfirmen und ihre Fernfahrer sowie Taxifahrer als Hilfssherriffs gewinnen. Es ist das Thema, das schon mal John Wayne bearbeitet hat – 1966 in „El Dorado“. Da kommt Wayne in eine Stadt, deren Bürger von korrupten Gangstern im Auftrag von Unternehmern und Großgrundbesitzern bedroht werden und in der ein versoffener Gesetzesvertreter (Robert Mitchum) völlig unfähig der Kriminalität gegenüber steht. Der versoffene Sherriff hat versucht, mit offenichtlichem Personalmangel durch Kooperation mit verschiedenen Bürger- oder Unternehmergruppen durchzukommen. Erst die knallharte Hilfe durch „Profis“ rund um John Wayne und die Konsolidierung seiner unabhängigen und unbestechlichen Polizeigewalt führt zum „Happy End“.

Herbert Reul sollte sich diesen Film mal wieder anschauen. Er könnte vielleicht auf die Idee kommen, für mehr Polizei mehr Geld auszugeben, sie von Routinemaßnahmen durch Angestellte zu entlasten und davon Abstand nehmen, von zwielichtigen Kooperationen mit Logistikunternehmen, die selbst immer häufig von der Polizei wegen der Einhaltung der Lenkzeiten kontrolliert werden. Wie soll das in Zukuft aussehen, wenn etwa Logistiker Hinweise auf Diebe liefern, drücken dann Polizisten gegenüber ihren „Kollegen“ mal hier oder da bei Kontrollen ein Auge zu? Was bedeutet die Manipulationsanfälligkeit von Lenkzeiten im Hinblick auf diese Sorte von „Hilfstruppen?“ Schaut manche Polizei in Köln, Düsseldorf oder in einer Ruhrmetropole künftig mal weniger hin, wenn Taxifahrer die Geschwindigkeit überschreiten, weil man sich kollegial kennt? Glaubt die Polizei den Taxifahrern künftig mehr, wenn sie mal wieder mit ihren natürlichen Feinden, den militanten Radfahrern in der verkehrsberuhigten Zone aneinander geraten sind?

Kriminalitätsbekämpfung und Prävention ist eine wichtige Aufgabe des staatlichen Gewaltmonopols. Sie muss mit Intelligenz, nach den Erkenntnissen der Kriminologie und aufgrund der Erfahrung der Polizei betrieben werden. Nichts gegen Anzeigeverhalten der Bevölkerung, auch von Taxichauffeuren und Brummifahrern – zumal diese Bevölkerungsgruppen im Bezug auf die Bereitschaft, Gewalt auszuüben, nicht immer eindeutig zu identifizieren waren. Alles andere ist eine Kapitulation des Rechtsstaates. Sie hat Herbert Reul mit seinem Vorschlag der „Unsicherheitspartnerschaften“ eingeläutet. Es bleibt zu hoffen, dass die Opposition ihn stoppen kann. Verena Schäffer hat mit ihrem Vorwurf der „Peinlichkeit“ von Reuls billigem Aktionismus ins Schwarze getroffen.

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net