In diesem Jahr wird sich das Attentat vom Berliner Breitscheidplatz bereits zum zweiten Mal jähren. Da es aber keine neuen “schönen” Bilder des Entsetzens mehr gibt, ist die Berichterstattung sehr, sehr abgeflaut. Damit, dass alles aufgeklärt wäre, hat das – selbstverständlich? – nichts zu tun. Vulgärer geht es kaum. Das gilt bis heute für alles, was Thomas Moser/telepolis bisher darüber herausgefunden hat. Das Vulgäre ist, dass dieser Mann gelobt und mit Preisen überhäuft werden muss, weil all die vielen Anderen, die “irgendwas mit Medien” machen, diese Arbeit nicht erledigen. Bzw. niemand da ist, der*die sie dafür bezahlen würde. Mein Blog-Mitautor Helmut Lorscheid z.B., so wenig ganz jung wie ich, für manche kompliziert im Umgang, aber ein Naturtalent für investigative Recherche – hat zuwenig (bezahlt) zu tun, um seine Familie zu ernähren. Das Beispiel ist repräsentativ für den aktuellen Zustand der Branche.

„Die Medien“

Wenn wir aktuellen Umfragen der – durchaus umstrittenen – Marktforschungsinstitute Forsa und Civey glauben dürfen, ist es der Mehrheit der Bundesbürger*innen durchaus bewusst, dass “die Medien” bei den Problemen unserer Demokratie nicht, wie es ihre Aufgabe wäre, Teil der Lösung sind, sondern Teil des Problems. Wenn veröffentlichte und öffentliche Meinung in elementarsten politischen Fragen von Krieg und Frieden, Auf- oder Abrüstung und Grundfragen deutscher Außenpolitik immer weiter auseinanderfallen, hat unsere Republik ein Systemproblem. Hier berichten in überflüssig polemischem Ton die nachdenkseiten, hier Meedia. Dass es sich ein bisschen um demoskopische Astrologie handeln muss, lässt die Einteilung nach Parteipräferenzen erkennen. Wie hoch mag die Valenz der Teilnehmer*innen*zahlen da wohl sein? Und dass ich als Grüner angeblich noch am meisten “den Medien” glaube, finde ich in diesem Blog nicht wieder ….

WDR

Obwohl: Rene Martens glaube ich. Hier in der Medienkorrespondenz fasst er die #metoo/WDR-Debatte aktuell und inhaltlich absolut adäquat zusammen.
Sabine Rollberg, persönlich Beteiligte am Scharmützel um die ARTE/WDR-Antisemitismus-Doku äussert sich hier erstmals öffentlich – Verbitterung ist zwischen den Zeilen zu erkennen.
Ein Problem “der Medien” ist ihre mangelhafte Verankerung in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Sie ist nämlich vielfältiger, verschiedener als der selbstreferentielle Betriebskosmos von Anstalten, Verlagen und Redaktionen. Der unter dem Pseudonym bei uebermedien. de schreibende Ali Schwarzer ist dazu rechtschaffen wütend.
Und Kathrin Gerlof rekapituliert beim oxiblog noch mal kurz, dass es in anderen als Medienkonzernen auch nicht besser ist.
Aber die Bewegung, das zu ändern, ist da. Arbeiten wir also dran.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net