Das ist zunächst eine philosophische Frage, die mit der Identitätsfindung und mit dem inflationsmäßig verwendeten Heimat-Begriff korrespondiert. Ganz paraktisch wird es, wenn man sich Deutschland ansieht und dabei politische Strukturen erkennt, die Regionen wirtschaftspolitisch im globalen Wettbewerb konkurrenzfähig machen sollen. So wird z.B. das Rheinland und die Region Köln-Bonn gezielt als polyzentrischer Raum vermarktet. Dabei gilt es kulturelle Barrieren und Abgrenzungen zum Ruhrgebiet und zu Westfalen zu überwinden. “Würde es Sinn machen, das nördliche Rheinland-Pfalz bis Koblenz in das Rheinland einzubeziehen?,” fragte Dr. Ingrid Schöll, die Direktorin der Bonner Volkshochschule, bei einer öffentlichen Veranstaltung im Universitätsclub. Für Dr. Reimar Molitor, Chef des Vereins Region Köln-Bonn e.V., ist das Rheinland die heterogenste Region Europas. “Die Region begreift das allerdings nicht,” sagte er mit leicht ironischem Unterton.

Als eines der größten Probleme der Region Rheinland bezeichneten Podiumsteilnehmer den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), dessen Leistungsfähigkeit und dessen Qualität. Molitor: “Wir sind unglaublich global unterwegs, verlieren dabei aber den Bezug zur Lokalität.” Davon können Tausende Pendler zwischen Köln und Bonn jeden Tag ein Lied singen, wenn sie sich in überfüllte und verspätete Züge quetschen. Hinzu kommt die trennende Funktion des Rheins, dessen Querung durch marode Brücken aktuell und perspektivisch erschwert wird.

Mittelfristig sind die Herausforderungen des Rheinlandes epochal. Das rheinische Braunkohlerevier steht vor einer historischen und komplexen Transformation. Ingrid Schöll vermisst die Solidarität der Gebietskörperschaften, die derzeit ihren akuten Fachkräftebedarf regelrecht kannibalisieren. Dieses Problem könnte durch gemeinsame Administrationen abgemildert werden. Wobei man sich dann in Erinnerung rufen muss, dass bisher mit Joachim Stamp (FDP) nur ein namhafter Politiker eine Fusion von Bonn mit dem Rhein-Sieg-Kreis gefordert hat.

Unabdingbar ist die regionale Kooperation bei gemeinsamen Gewerbegebieten, bei der Schaffung bezahlbarem Wohnraum und bei Bussen und Bahnen alternativlos. Und um die Identifikation und Akzeptanz einer Region zu stärken, sollten die Medien und insbesondere die Zeitungen ihre regionale Berichterstattung ausweiten und verstetigen. Das wäre sogar ein Instrument für den personellen Neuaufbau von Regionalredaktionen.

“Greater Cologne Area” ist für Reimar Molitor der Markenname, um die Region global zu vermarken. In diesem Zusammenhang kritisierte er die nicht adäquate Bedienung der Region mit Geld. Das entscheidende Kriterium ist allerdings das Funktionieren der öffentlichen Daseinsvorsorge. Ingrid Schöll: “Wenn das nicht sichergestellt ist, hilft der Blick nach Frankreich, wo der Protest der Gelbwesten eskaliert.”

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