Sie und ich zahlen eine Haushaltsabgabe für öffentlich-rechtliche TV- und Radioprogramme. Ist da Journalismus drin? Gefragt dazu, ob und in welchem Umfang wir das wollen, werden wir nicht. Ginge es nach mir und meinem Nutzungsverhalten, gingen 80% in Journalismus. Ginge es dagegen nach den Einschaltquoten ….hilfe, bloss nicht! Eine bessere Lösung wäre, wenn die engagierten Fans, sofern sie noch nicht ausgestorben sind, mehr mitwirken dürften. Nicht mit diesen ätzenden Call-In-Sendungen (das ist Trash, den ich sofort abschaffen würde), sondern beim diskutierenden Mitbestimmen, und beim Wählen der Aufsichtsgremien. Die digitalen Handwerkszeuge gibt es längst; die fassen die Sender aber mit der Kneifzange nicht an.
Zeitungen, wann habe ich da zuletzt eine abonniert? Es muss in den Nullerjahren gewesen sein. Die teure SZ bestellte ich ab, nachdem sie ihren NRW-Teil abgeschafft, und ihr Meinungsspektrum, von Heribert Prantl abgesehen, unter der Schröder-Fischer-Clement-Regierung verengt hatte. Den Rhein-Sieg-Anzeiger musste ich dann auch abbestellen, weil er seine Bonn-Redaktion schloss, und sein Chefredakteur Sommerfeld in Leitartikeln zur Hartz-IV-Reform von mir forderte, wir “alle” müssten unseren Gürtel enger schnallen.
Das Internet war für mich eine Befreiung aus den Meinungs- und Weltsicht-Gefängnissen einzelner Redaktionen. Die Informationen wurden endlich so frei, wie es das Grundgesetz vorgesehen hat. Wofür ich meine Lesezeit verwende, kann ich seitdem selbst bestimmen. Gegenüber den Zensurpraktiken (“Gatekeeper”) des 20. Jahrhunderts war und ist das ein revolutionärer Fortschritt, bis heute.
Ich werden in keins dieser Gefängnisse als Abonnent zurückkehren. Ich werde Rentner, mein Budget ist auskömmlich, aber knapp. Digitale Inhalte, die nicht weniger, sondern oftmals mehr kosten, als einst die gedruckte Zeitung, werde ich in diesem Leben gewiss nicht mehr bezahlen. Annähernd eine Mehrheit tut es mir gleich. Die Medienmanager pfeifen im Wald von einer besseren Zukunft. Das kann ihnen wohl nur passieren, weil sie für das Lernen in der Welt hier draussen keine Zeit mehr haben. Im Gegensatz zu den britischen und US-amerikanischen Einzelfällen investieren sie nicht in Journalismus, sondern kürzen, sparen, feuern sie (letzteres natürlich immer die Anderen, nicht sich selbst). Sie öffnen ihr publizistisches Denken nicht, sondern machen es enger, schliessen es ab, und werfen den Schlüssel weg. Schauen Sie mur, was bei DuMont seit Jahren los ist.
Wer diesem Treiben tatenlos zusieht, wie die für Medienpolitik zuständigen Bundesländer, und die medienpolitisch inkompetenten Gesetzgeber im Bundestag und Bundesregierung, unterspült die Fundamente der Demokratie. Und zwar mit grosskapitalistischer Marktwirtschaft. Brot und Spiele wird überleben, Journalismus wird sterben. Lesen Sie hier, was meine Journalistengewerkschaft, für die ich gerne Beitrag zahle, diskutieren musste.
Eine zutiefst gefährliche Bedrohung des Klimas, Sauerstoffmangel der Demokratie.
An die Führungskräfte, die so schwer von Begriff sind, und die laaaangsamen Politiker*innen, die über “Dritte Säulen” nachdenken: zu Mikropayment, das bei den betreffenden Journalist*inn*en auch ankommt, wäre ich bereit: 20 Ct/Text, bis zu 50Ct für lange Reportagen und Features. Besser ein Abo-Modell, bei dem ich selbst als “Gatekeeper” 100%ig selbst die Auswahl treffe – das dürfte 20 Euro/Monat kosten. Und wenn sie noch 10 Jahre warten, wird es zu spät sein. Dann sind wir kulturell zurück im Römischen Reich. Altertum.
Lesen Sie ergänzend, als sich das Gebührenzahlen für den WDR noch lohnte: Dietrich Leder/Medienkorrespondenz zum Tod des ehemaligen WDR-Redakteurs Joachim von Mengershausen.
Und lesen Sie hier, was bleiben wird: der Eiertanz der Medienelite von Sachsen um einen ägyptischen Militärdiktator.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net