Kunstkommission ohne Künstler
Kunst im öffentlichen Raum und besonders Kunst am Bau wurde in Bonn meist eher freihändig vergeben. Wenn es Ausschreibungen gab – es waren der Erinnerung des Bonner Künstlers Dierk Engelken nach zwischen 1970 und 1980 nur zwei – endeten diese Engelken zufolge „mit bemerkenswerten und für die in Bonn ansässigen Künstler außerordentlich diskriminierenden Ergebnissen.“
Engelken, war viele Jahre lang Vorstand des BBK, des “Bundesverbands bildender Künstlerinnen und Künstler“ Bonn/Rhein-Sieg und gehörte zu den Gründern der „Künstler Sozialkasse.“ Der BBK sorgte mit dafür, dass Ende der 80iger Jahre, nach mehreren skandalösen Auftragsvergaben, etwas mehr Transparenz einzog, auch in Bonn, Künstlerinnen und Künstlern in Sachen Kunst in der Stadt ein Mitspracherecht erhielten. Sie erreichten die Gründung einer mit Kommunalpolitikern, Kunstsachverständigen und Künstlern besetzten „Kunstkommission.“ Darin wurde künftig größere Kunstprojekte der Stadt diskutiert und dem Rat der Stadt Empfehlungen an die Hand gegeben.
So gab es 1979 eine Ausschreibung für Kunst im damals neu errichteten Stadthaus, an dem Bonner Künstler teilnehmen konnten. Mit dem Ergebnis, dass im Oktober 1979 insgesamt 42 Arbeiten von 18 Künstlern im Gesamtwert von immerhin 107.030 DM dem Stadtrat vorgeschlagen – und von diesem auch beschlossen wurde. Weitere Ausschreibungen und Ankäufe folgten. Bis zum Amtsantritt der SPD-Bürgermeisterin Bärbel Dieckmann funktionierte die Zusammenarbeit zwischen Rat, Verwaltung und Künstlern. Bärbel Dieckmann jedoch ließ in ihren zehn Jahren ebenso wie ihr Nachfolger Jürgen Nimptsch in seinen fünf Jahren Amtszeit die Bonner Künstler am langen Arm verhungern. Vielleicht lag es auch mit daran, dass beide Oberbürgermeister in ihrem vorherigen Beruf Lehrer waren. Und Lehrer wissen ja selbst alles am besten. Beide verzichteten nicht nur auf den Rat der Künstler, sondern auf jeglichen fachkundigen Rat und beriefen die Kunstkommission während ihrer jeweiligen Amtsperiode nicht mehr ein. 15 Jahr lang gab es also keine Sitzung.
Künstlerfreie Kunstkommission
Erst der neue CDU-Oberbürgermeister Ashok Sridharan besetzte einige Monate nach seinem Amtsantritt 2016 die Kommission neu, verzichtete dabei aber auf den Rat der Künstler. Dabei hatten diese ihr Interesse an einer weiteren Mitarbeit öffentlich und auch in einem Schreiben an den neuen OB rechtzeitig formuliert. Mit Datum vom 24. März 2016 schrieb Dierk Engelken namens des BBK an den Oberbürgermeister Sridharan: „Mit Freude haben wir aus der Bonner Presse entnehmen können, dass Sie beabsichtigen, die lange eingeschlafene Kunstkommission wieder zu beleben, die zwar die letzten Jahre bis heute im Organigramm der Stadt Bonn aufgeführt ist, die jedoch bedauerlicherweise von Ihren beiden Vorgängern im Amt nicht mehr einberufen wurde. Sicherlich ist ihnen wie uns eine Kunstkommission ohne Künstler nicht vorstellbar …“
Ein Irrtum, wie sich zeigen sollte. Vom neuen CDU-OB gab es keine Antwort. Aber mit Datum vom 20.7. 2016, also vier Monate nach seinem Schreiben an den OB, erhielt Engelken eine Email des Kulturamtsleiters mit Bezugnahme auf das Schreiben des BBK aus dem März und der lapidaren Mitteilung: „Wie Sie möglicherweise bereits wissen, hat der Rat am 7.4.2016 seine Entscheidung über die Besetzung des Gremiums bis zum 31.10.2020 getroffen und den BBK dabei nicht berücksichtigt.“ So stillos sollte die weitere Regentschaft des OB Ashok Sridharan auch weiter verlaufen. In der Kunstkommission saßen unter dem Vorsitz dieses OB Kommunalpolitiker, Mitarbeiter der Verwaltung sowie die künstlerischen Leiter der Bundeskunsthalle, des Bonner Kunstmuseums, des Bonner Kunstvereins sowie des Kölner Ludwig-Museums und des Museums Abteiberg in Mönchengladbach. Die beiden letztgenannten fanden es nach einiger Zeit nicht mehr besonders lustig, in dieser Kommission Empfehlungen auszusprechen und zu sehen, dass Smerling und sein Verein, der sich Stiftung nennt, scheinbar „unstoppbar“ alles, was er wollte, auch umsetzen konnte.
Wenn die städtischen Gremien ein Kunstwerk ablehnten – wie im Fall der sehr kontrovers diskutierten „Hommage an Macke“ von Stefan Balkenhol, fand Smerling eben einen Platz im Hofgarten, einem Gelände, das der Universität gehört. Beide externen Museumsleiter warfen das Handtuch und da es auch bei den Bonner Museen personelle Änderungen gab, tagt die Kunstkommission bis nach den Kommunalwahlen nicht mehr. Als Einziger hatte der Linke Kulturpolitiker Jürgen Repschläger gefordert, die Kunstkommission in dieser Besetzung lieber aufzulösen oder vollkommen anders zu besetzen. Jürgen Repschläger: „Ich bleibe dabei, eine Kunstkommission mit PolitikerInnen, aber ohne KünstlerInnen ist ein schlechter Witz. Neben KuratorInnen, MuseumsdirektorInnen etc müssen selbstverständlich bildende KünstlerInnen in der Kommission vertreten sein.“
Dafür würde Repschläger gerne auf Politiker in diesem Gremium verzichten. Denn schließlich soll die Kunstkommission ja die Politiker beraten und nicht selbst entscheiden. Dieses Ansinnen wurde aber von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Die anderen Parteien scheinen auf die Mitsprache durch Bonner Künstler bisher keinen gesteigerten Wert zu legen. Dies kann sich aber bis zu den Kommunalwahlen noch ändern. Einige der Künstler wollen diese Ignoranz nicht weiter hinnehmen und im laufenden Wahlkampf thematisieren.

Rheinmetall als Sponsor
Smerling und seinem Verein kann das egal sein. Er setzt in Bonn – jedenfalls bisher – seine Vorstellungen von Kunst im öffentlichen Raum großenteils weiterhin so um, wie es ihm und seinen Geschäftspartnern gefällt. Denn so der Vorsitzende des Kulturausschusses, Helmut Redeker: „Ein prominent aufgestelltes Kunstwerk gewinnt meist an Wert.“ Diesen Mehrwert zu erzeugen stellt einen wichtigen Aspekt des Geschäftsmodells Smerlings dar.
Dem Verein, der sich Stiftung nennt, gehören eine Reihe von einflußreichen Wirtschaftsjuristen an, ebenso wie der ehemalige BILD-Chef Kai Dieckmann. Gefördert werden die Projekte des Vereins von allerlei Firmen. Weil zu Smerlings Sponsoren neben Siemens, VW auch der Panzerbauer Rheinmetall gehört, gab es bereits öffentliche Proteste. So hatten anläßlich der, von Smerling maßgeblich organisierten, großen Ausstellung deutscher Künstler in China „Deutschland 8“ etliche der in dieser Schau vertretenen Künstler gegen die Werbung für Rheinmetall protestiert.
In Bonn interessierte man sich bisher nicht so sehr dafür, woher Smerling sein Geld bekommt, um die Stadt mit „kostenloser“ Kunst zu beglücken. Wenn dieser Verein in Bonn schon sein Wesen oder Unwesen treibt, wäre es vielleicht sinnvoll, ihm eine Mitarbeit in der Kunstkommission anzubieten, um dort seine Vorschläge diskutieren zu lassen und dem Rat gegenüber entsprechende Empfehlungen auszusprechen.
Die Kommission wird nach der Kommunalwahl neu besetzt. Eine Vorlage der Verwaltung für „Kunst im öffentlichen Raum“ wurde bereits einmal im Kulturausschuß diskutiert. Diese Vorlage sieht bisher erneut keine Mitgliedschaft von Künstlern vor.

Bewegung in der SPD

Diese Auffassung unterstützte auch der SPD-Stadtrat und Vorsitzende des Kulturausschusses Helmut Redeker. Er schrieb an den Autor: „Das Problem der Kunst im öffentlichen Raum ist, dass die Stadt Bonn wenig Geld hat, um selbst Kunstwerke zu erwerben. Deswegen kommen immer wieder Private auf die Stadt zu, um von ihnen geschätzte Kunstwerke aufzustellen. Dabei spielen neben der sicher oft im Vordergrund stehenden Kunstförderung gerade wegen der Situation am Kunstwerk auch finanzielle Interessen eine Rolle – ein prominent aufgestelltes Kunstwerk gewinnt meist an Wert. Wenn das Kunstwerk an die Stelle passt, entspricht das Aufstellen sicher auch städtischem Interesse. Das zu beurteilen, ist aber zunächst Aufgabe von Fachleuten – wie auch sonst Fachleute (meist aus der Verwaltung) Vorlagen für die ehrenamtlichen Politiker erarbeiten. Es gibt aber auch sonst beratende Gremien (wie z.B. den Städtebau– und Gestaltungsbeirat), die Vorlagen beeinflussen (und in Einzelfällen auch verhindern). Im Falle der Kunstkommission sind Museumsleiter(innen) qualifizierte Fachleute, die sich von Berufs wegen mit der Platzierung von Kunst (und wenn möglich, auch mit deren Erwerb) beschäftigen. Deswegen sind sie sicher auch ziemlich geeignet, die Politik zu beraten. Dass sie näher zum Kunstmarkt stehen als örtliche Künstler, glaube ich nicht. Insoweit ist die Kunstkommission prinzipiell ein geeignetes Beratungsgremium.“
Von den Bildenden Künstlern in Bonn ist bei Redeker keine Rede. Das sieht die derzeitige kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Fenja Wittneven-Welter anders. Sie schreibt: „Die vorgeschlagene personelle Besetzung der Kommission sollte aber noch einmal auf den Prüfstand. Die beratende Tätigkeit der Kunstkommission sollte sich nicht nur auf die Experten aus Institutionen und Verwaltung stützen, sondern auch Künstlerinnen und Künstler als Mitglieder der Kommission einbeziehen. Die Steigerung der künstlerischen Fachkompetenz durch den Einbezug von lokalen Kunstschaffenden kann ein Gewinn sein für einen anderen Umgang mit Kunst im öffentlichen Raum. Ein kombiniertes Verfahren von Ernennung und Wahl von künstlerischen Vertreterinnen oder Vertretern -ähnlich dem Düsseldorfer Vorbild- sollte hier für die nötige Transparenz sorgen und auf der anderen Seite Fachkompetenz sicherstellen. Natürlich sollten die Mitglieder der Kommission in der Zeit ihrer Mitgliedschaft nicht selber an Wettbewerben der Stadt teilnehmen. Ebenso sollte eine Mitgliedschaft in der Kunstkommission für Künstlerinnen und Künstler auf eine Amtszeit begrenzt sein, um hier nicht auch wieder in den Ruf der Parteinahme zu geraten.“
Von den anderen Parteien liegt noch keine neue Stellungnahme vor. Die werden aber sicher bald kommen, denn die Diskussion ist eröffnet. Die Bildenden Künstler werden hoffentlich den Kommunalwahlkampf noch für ihre Bedürfnisse nutzen.
Zu der Vorlage der Stadtverwaltung gehört auch ein Plan, auf dem mögliche Standorte für Kunst verzeichnet sind. Darin sind die freien Flächen, auf denen Kunst aufgestellt werden könnte, grün markiert. Diese zu finden, ist nicht ganz einfach, für mich war es eine Art Sehtest. Nur wer die Karte wirklich stark vergrößert, kann solche grünen Gebiete finden. Es sind nur noch ganz wenige.
Aber auch dieser Plan ist eine Vorlage, je nach Wahlergebnis steht diese sicherlich auch noch zur weiteren Diskussion. Bleibt zu hoffen, dass auch die Maler und Bildhauer die Chancen und Möglichkeiten von Kommunalwahlen für sich erkennen und daran teilnehmen.