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Künstler fordern Mitsprache

Diskussion am 19. August im Frauenmuseum
Bildende Künstler, also vor allem Bildhauer und Maler, spielen in der politischen Diskussion selten eine Rolle. Ihre Medien sind Farbe, Leinwand, Papier oder Holz und Stein, weniger die geschliffenen Worte in der Politik. Immerhin, am 19.8.2020 ab 18 h werden die Bildenden Künstler*innen in Bonn, auf Einladung des Frauenmuseums mit den kulturpolitischen Sprechern der in Bonn zur Wahl stehenden demokratischen Parteien über ihre Situation und ihre Forderungen diskutieren.
Zwei Online-Diskussionen gab es bereits mit den Kandidatinnen zur Oberbürgermeister-Wahl, Lissi von Bülow, SPD und Katja Dörner, MdB, Bündnis 90 Die Grünen. Veranstalter war der BBK, der Bundesverband Bildender KünstlerInnen in Bonn Rhein/Sieg e.V. Der CDU Kandidat und amtierende Bonner OB Ashok Sridharan fand bisher keine Zeit für ein Gespräch mit den Künstlern.
Dabei gibt es genug Probleme. Eines der Themen ist die künftige Besetzung der Kunstkommission. Beide OB-Kandidatinnen zeigten Verständnis für die Forderungen des BBK nach zwei Mitgliedern in diesem Beratungsgremium. Eine Künstlerin und ein Künstler sollen künftig die Interessen der Bonner Künstler und ihre Sichtweise etwa auf Kunst im öffentlichen Raum artikulieren. Derzeit sind in diesem Gremium keine Künstler vertreten.

Mitsprache bei Kunst im öffentlichen Raum

Kritisiert wird von den Künstlern ferner, dass ein privater Verein faktisch allein bestimmt, wo in Bonn welche Kunstwerke aufgestellt werden. Gemeint ist damit der sich als „Stiftung für Kunst und Kultur e.V.”bezeichnende Verein des Kunstförderers Walter Smerling. Anlaß zur kritischen Hinterfragung bietet dieser Verein genügend. So sitzt in seinem Vorstand Kai Diekmann, der ehemalige Bildzeitungs-Chef und auch die Finanzierung des Vereins gefällt nicht jedem. Zu den Sponsoren gehört u.a. der in Kriegen wie dem in Syrien und Jemen verwickelte Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern, dessen Geschäftsgebaren immer wieder für staatsanwaltschaftliche Ermittlungen Anlass gibt. Warum sich die dem Frieden verpflichtete UN-Stadt Bonn mit solch einem Verein überhaupt einläßt, bedarf der öffentlichen Diskussion.

Die Künstler fordern auch mehr Möglichkeiten für Graffiti und einen mietfreien Zugang zum Haus an der Redoute in Bad Godesberg. Dieses Gebäude sollte, nach Angaben des früheren BBK-Vorstandsmitglied Dierk Engelken, ursprünglich in Gänze den Künstlern zur Verfügung stehen. Heute darf nur noch die untere Etage als Ausstellungsort genutzt werden, für den die Stadt aber seit mehreren Monaten auch noch Miete verlangt.

Mehr Raum für Kunst

Katja Dörner und auch Lissi von Bülow sagten zu, sich darüber näher zu informieren. Beiden Kandidatinnen ist es wichtig, besonders auch für Jugendliche mehr Raum zur künstlerischen Selbstverwirklichung schaffen zu wollen. Die Politikerinnen und die Künstler*innen möchten den heute kaum vorhandenen Dialog zwischen den Bildenden Künstlern und den Politikern weiterführen. Kritisiert wurde, dass OB Sridharan eine Einladung zum Dialog bisher abgelehnt habe.
In den nächsten Wochen soll eine weitere Diskussion mit den kulturpolitischen Sprechern der Stadtratsfraktionen durchgeführt werden.

SPD-Redeker gegen Bonner Künstler

Bereits jetzt stellten Jürgen Repschläger und seine Linke Fraktion im Kulturausschuß den Antrag, “Künstler*innen in die Kunstkommission.” Die Beratung wurde verschoben, erstaunlicherweise mit den Stimmen der SPD. Dabei hatten sowohl die OB-Kandidation Lissi von Bülow, als auch die Kulturpolitische Sprecherin Fenja Wittneven-Welter sich für die Wiederaufnahme von Künstlern in diese Kommission ausgesprochen. Der Vorsitzende des Kulturausschusses, Helmut Redeker trug seinen Teil zur Verwirrung dar, als er mir schrieb: “Ich kann mir durchaus auch Künstler darin vorstellen. Ich weiß nur nicht, warum das zwingend örtliche sein müssen. Vielleicht können Sie mir einmal erklären, welchen Vorteil das hat. Und wenn sie auf kommerzielle Interessen abstellen sollten: Auch Künstler haben von der Aufstellung ihrer Werke im öffentlichen Raum oft materielle Vorteile.”
Ich habe ihm die Gegenfrage gestellt, ob er, wenn es um die Besetzung eines Gremiums mit Wirtschaftsfachleuten geht, er statt der IHK Bonn die IHK Oer-Erkenschwick einladen würde.
Die Bonner Künstlerinnen und Künstler verlangen, künftig von der Stadt vernünftig behandelt zu werden.

Geklüngel mit der UNO

Erst jüngst wurde bekannt, dass ein städtisches Gebäude, das “Dr. Werner Schuster-Haus” im Rahmen einer Kampagne der UNO zur Nachhaltigkeit und zum Klimaschutz angemalt werden soll. Bonner Künstler wurden dafür aber nicht kontaktiert, sondern im Rahmen eines Gemauschels zwischen einem UN-Sekretariat und dem Amt für Internationales und globale Nachhaltigkeit wurde über eine eng mit den zuständigen UN-Mitarbeitern verbandelte Agentur ein kubanischer Künstler, der in Madrid wohnt, beauftragt das Haus in Bonn anzumalen.
In einer Antwort des Presseamts der Stadt Bonn an den Autor heißt es: “Als deutsche UN-Stadt ist die Stadt Bonn insbesondere das Amt für Internationales und globale Nachhaltigkeit Ansprechpartnerin für die Anliegen und Vorhaben der hier ansässigen UN-Organisationen wie z.B. der UN-SDG-Action-Campaign. Diese hatte künstlerische Aktionen rund um das ursprünglich für April 2020 geplante SDG Global Festival of Action – eine internationale Konferenz mit internationaler Reichweite – vorgesehen, um dem Thema SDGs durch besondere Kunstprojekte eines in Madrid lebenden kubanischen Künstlers mehr internationale Aufmerksamkeit zu verschaffen. Damit sollte bewusst an ein bereits auf der COP 25 in Madrid von diesem Künstler realisiertes Motiv angeknüpft werden. Vorgesehen waren
1. Ein Landartprojekt, das rein mit Naturmaterialien (Kreide) erstellt wird und eine ganz spezielle Expertise erfordert.
2. ggf. Gestaltung einer Hauswand möglichst unter Einbeziehung lokaler Künstlerinnen und Künstler
Für die Auswahl und Finanzierung der Kunstaktionen ist die UN-SDG-Action-Campaign verantwortlich. Im Vorfeld jedes Global Festivals veröffentlicht sie einen Aufruf, sich um Mitgestaltung des Festivals zu bewerben. Eine Bewerbung ist für alle Interessierte möglich; die Auswahlkriterien sind der Stadt Bonn nicht bekannt. Die Stadt Bonn hat die UN-SDG-Action Campaign dabei unterstützt, eine Freifläche für das Landart-Projekt und eine Hauswand für eine mögliche künstlerische Gestaltung zu finden – das Werner-Schuster-Haus. Da das Festival aufgrund der Corona-Pandemie für April abgesagt werden musste, wurden die Kunstprojekte zunächst nicht weiter verfolgt. Aktuell ist seitens der UN-SDG-Action-Campaign die Durchführung des Landartprojekts für Oktober in Planung, sie ist aber noch nicht final bestätigt. Die künstlerische Gestaltung des Werner-Schuster Hauses ist ebenfalls zunächst verschoben, u.a., weil die Einbeziehung lokaler Künstlerinnen und Künstler sowie Nachhaltigkeitsakteurinnen und –akteure Teil des Kunstprojekts sein soll.”

Der BBK Bonn hat sein Büro im Godesberger Rathaus, in direkter Nachbarschaft des Kulturamtes. Dennoch wußte beim BBK niemand etwas von diesem Projekt und auch bekannte Bonner Streetart-Künstler, die nicht Mitglied des BBK sind, erfuhren durch unsere Recherchen erstmals von diesem Projekt. Dabei heißt es in der Antwort der Stadt weiter: “In das Thema Einbeziehung lokaler Künstlerinnen und Künstler mit Erfahrung in großflächiger Wandmalerei war auch das Kulturamt einbezogen. Die Stadt hat in diesem Zusammenhang Kontakt mit der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft aufgenommen. Erste Rückmeldungen von Studierenden liegen bereits vor.”
Nach mehrmaligem Lesen dieser Antwort habe ich die Stadt gefragt:
“Wenn die Stadt einen Auftrag an Schreiner zu vergaben hat, wendet sie sich da an die Berufsschule oder an Schreinermeister?
Warum wendet sich die Stadt bei Kunst an die Alanus-Hochschule – statt an die Gedok, an Künstlergruppen, an den Berufsverband Bildender Künstler in Bonn?”

Dies zumal einer der weltweit führenden Künstler in Sachen “Hochhäuser anmalen” zwar nicht in Bonn, aber in Bendorf bei Koblenz lebt. Wenn in Vancover, New York, Aarhus, Neu Dehli, Dubai aber auch Amsterdam oder Köln, Häuser bemalt werden sollen, wenden sich die Fachleute gerne auch an diesen Künstler, Henrik Beikirch. Sicherlich einer der weltbekannten Künstler in diesem Bereich. Aber auch in Bonn gibt es Fachleute, wie zum Beispiel Eugen Schramm, der nicht nur wie auch Henrik Beikirch von seiner Kunst lebt, sondern wie auch Beikirch, sich in zahlreichen Projekten mit seiner Kunst engagiert.
Die Künstler hoffen, dass unser einer neuen Oberbürgermeisterin es künftig eine vernünftige Zusammenarbeit und einen regelmäßigen Austausch mit der Stadtverwaltung und der Politik in Bonn gibt.

Ein Kommentar

  1. Jansen- Otto

    Vielen Dank Helmut Lorscheid für diesen hochinteressanten Artikel. Deine Argumente zu diesem ganzen Wirrwar und Gemauschele finde ich sehr überzeugend, so dass ich hoffe Deine Stimme der Vernunft wird gehört. Mit lieben Grüßen Irmgard Maria Jansen – Otto

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