Zurheide, Mai & Dietmar
Jürgen Zurheide ist der seltene Fall eines “freien” Journalisten, der die Freiheit vom Angestelltendasein berufslebenslang geniesst und davon profitiert. Wie er das gemacht hat? Das kann ich auch nicht erklären. Gewiss gehört dazu, eine gute Mikrofonstimme zu haben und damit gut umgehen zu können. Politischer Durchblick, besser als Andere informiert sein, und gerne Schichtdienste übernehmen, auf die die Festangestellten keine Lust haben. Das sind die Tricks, von denen ich weiss.
Samstagsmorgens z.B. Wer hätte da Lust von 6 bis 9 zu moderieren, also um 4 im Sender zu sein, um alles adäquat vorbereiten zu können? Wer solche Arbeiten übernimmt, darf auch auf die redaktionelle Arbeit einer politisch konservativ geführten Redaktion mittels konstruktiver Vorschläge Einfluss nehmen. Seltener als sonst muss ich bei Zurheide-Moderationen morgens aus dem DLF fliehen, weil ich so früh am Tag unterträgliche Interviewpartner nicht zu ertragen bereit bin. Im Fall Zurheide hat das nur am Rande was mit “Gesinnung” zu tun. Aus meiner Düsseldorfer Zeit habe ich ihn in die Schublade “rechter Sozialdemokrat” einsortiert – nein es ist handwerkliche journalistische Professionalität. Was selten ist ist wertvoll.
Z.B. alle seine Interviews von heute morgen:
“Ist der deutsche Wald noch zu retten?” – Interview Gerald Klamer, Förster (Audio 10 min)
“Verliert die CSU die Geduld mit Laschet?”, Interview Ludwig Spaenle, CSU (Audio 8 min)
und
“Bewertung der Coronalage ‘Sind sehr weit entfernt’ von den Forderungen der DKG”, der Medizinstatistiker Gerd Antes. Selten wird deutlicher, wie orientierungs- und führungslos die Republik durch das gegenwärtige Katatstrophen- und Krisengelände taumelt.
Mai hilft
Die FR-Feuilleton-Redaktion hat sich immerhin bei mir verdient gemacht, dass sie mich darauf aufmerksam machte. Zu einer direkten Verlinkung – an zu viel Arbeit kann es nicht gelegen haben – konnte sie sich leider nicht entschliessen. Darum hier entlang bitte sehr: Video-Star Mai Thi Nguyen-Kim schimpft auf die Pflegekrise (Video 18 min), die genauso katastrophal wie die Klimakrise köchelt, und uns, vor allem uns zahlreichen Alten, bald um die Ohren fliegt. Politische Reaktionen? Kennen Sie welche (ausser Rentenalter auf 70 oder 80)? Mais Video hat schon weit über 300.000 Aufrufe, innerhalb eines Tages. Besonders gut: sie behandelt gründlich die Frage gewerkschaftlicher Interessenorganisation derer, die sich in der Pflege den Arsch aufreissen. Klasse.
Dietmar
Der Salon-Marxist des FAZ-Feuilletons Dietmar Dath erklärt, warum die Superreiche Scarlett Johansson am antikapitalistischen Kampf teilnimmt. Gut gemacht. Nebenan interviewt Jakob Strobel Y Serra Felix Prinz zu Löwenstein. Der Teaser des lesenswerten aber leider eingemauerten Beitrages lautet: “Zukunft der Landwirtschaft : Die hausgemachte Selbstzerstörung – Felix Prinz zu Löwenstein gehört zu den Pionieren des Öko-Landbaus und zu den wortmächtigsten Verfechtern einer grünen Revolution. Für ihn steht nichts weniger als die Rettung unserer Lebensgrundlagen auf dem Spiel.”

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net