Was wissen wir über das Virus, seine Varianten und Mutationen? Fast nichts. Sicher ist nur, dass die Bundesregierung, und vermutlich die nächste nicht weniger als die jetzige, sich mit Händen und Füssen gegen eine Patentfreigabe für Impfstoffe wendet. Sogar gegen den grossen USA-Bruder. So kommen dann eben neue Varianten zur Welt, und schneller als es allen lieb ist, auch wieder zu uns. Konsequenz? Noch mehr impfen. Und noch öfter. Hauptsache das Kapital zirkuliert. “Wir” haben ja das Geld, Mercedes- oder Rolls-Royce.Impfstoffe zu bezahlen. Die andern, zumal wenn sie schwarzhaarig, gelb-, rot- oder schwarzhäutig sind, müssen selbst sehen, wo sie dabei bleiben. Und nicht auf die Idee kommen, dahin zu migrieren, wo Impfstoffe sind. Dann lieber ertrinken und erfrieren lassen, diese “Waffen” von bösen Diktatoren.
Mann könnte kotzen. Heute sah ich den NRW-Ministerpräsidenten vor der Kamera, wie heisst er doch gleich, egal, der sich zu empören versuchte über ein dichtgedrängtes und partiell maskenloses Fussballstadion. Wo war das noch mal? Ach so, genau da, wo der feine Herr regiert – in der heimlichen Landeshauptstadt Köln. Und was macht der Kerl so beruflich? Und für das Versagen der Landes- und der Stadtregierung, für ihre wachsweiche Lobbypolitik zugunsten der Fussballoligarchen, sollen nun wieder die Fans schuld sein, dumm und böse, wie sie bekanntlich sind.
Was würden im staatsmonopolistischen Kapitalismus die Herrschenden in Politik und Medien machen, wenn es keine Bösen mehr gäbe? Nach Kräften haben sie nun seit knapp zwei Jahren “Impfgegner*innen” und “Querdenker*innen” aufgeblasen, wie sie es zuvor schon mit Pegida und AfD gemacht haben. Irgendwer muss schuld sein, wenn was in die Grütze geht. Bei der Pandemiepolitik weiss niemand, wann und wo das passiert. Aktuell im Südosten der Republik, wo die Intensivstationen schon voll sind. Denn geforscht wird nicht, nicht an den Menschen, Gesunden und Erkrankten. Es gibt keine Erkenntnisse, weil keine Forschung beauftragt und bezahlt wird. Der unwissende und blindfliegende Staat ist von zu grossem Vorteil für die Wenigen, die sich an der Lage superbereichern können.
In Bonn sind über 80% vollgeimpft. Wenn von der Grundgesamtheit der Bevölkerung die Kinder unter 18 oder unter 6 abgezogen werden, steigt der Wert der Geimpften auf über 90 oder rund 85%. (Zusätzliche?) 6-7% sind amtlich als “Genesene” gezählt. Bonn hat eine starke Schlagseite ins Bildungsbürger*innen*tum. Viel Luft nach oben ist da nicht mehr. Impfverweigerung spielt buchstäblich keine Rolle – ausser Medien bieten sich Lautstarken unterwürfig an, weil es dem Umsatz dient.
Übrig sind nur noch die, die nichts mitkriegen, die nicht erreichbar sind, weil sie aufgegeben haben, zur Gesellschaft dazugehören zu wollen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Diese Menschen sind viel zahlreicher, als die bisher Ungeimpften. Umso erstaunlicher, wie hoch die Bonner Impfquote schon ist.
Dass die Pandemiepolitik mit symbolischen Placebos – beliebt: “Impfpflicht”, dicht gefolgt von “Geisterspielen” im Profifussball (und wo gucken die Fans dann? In der nächsten erreichbaren Pay-TV-Kneipe) – meint hantieren zu müssen, um angeblich 100% Impfquote zu erreichen, wird ein weiteres Mal grandios scheitern – spätestens am nächsten Winter. Es soll Entschlossenheit und Handlungskraft simulieren; faktisch erreicht wird nichts.
Leben soll gerettet werden? Wie wärs mit besseren Arbeitsbedingungen fürs Pflegepersonal? Mit Werbung um mehr Pflegepersonal? Sollen die vielleicht durchs Mittelmeer geschwommen kommen? Oder in rumänischen LKW-Containern anreisen? Damit nicht mitten in einer Pandemie die Intensivbetten verringert statt vermehrt werden? Wer kümmerst sich darum? Ein*e Gesundheitsminister*in vielleicht? Der Job soll noch frei sein. Bewerben Sie sich bei Olaf Scholz.
Der blinde sozialpolitische Fleck der Ampelkoalition wird dieses Problem nicht bearbeiten, sondern verlängern. Es fällt schwer, dabei Hoffnung zu behalten. Doch wer soll die nötigen Veränderungen erkämpfen, wenn nicht die, die demokratische Freiheitsrechte nutzen und in sozialer Sicherheit leben können? Also wir. Sie und ich.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net