Robbie Coltrane ist gegangen – er gab mir den Glauben an gutes TV zurück

Für mich war die Hauptrolle seines Schauspielerlebens Dr. Eddie Fitzgerald. Das ZDF strahlte diese Filme gegen die sonntägliche ARD-Talkshow aus, die damit für mich auf immer gestorben war. Diesem Fitzgerald hätte ich seinerzeit nicht noch weitere knapp 30 Lebensjahre prognostiziert. Er sah sehr krank aus, und gerade darum finster entschlossen, die verbliebene Zeit exzessiv zu geniessen. Vorbildlich.

Cracker/Für alle Fälle Fizz war die härteste brutal-realistische Kritik dessen, was das Thatcher-Regime aus dem “Vereinigten Königreich” gemacht hat. Es wurde ruiniert und brutalisiert. Das wirkt bis heute. Dr. Fitzgerald hatte einen klaren Blick dafür, und Coltrane den richtigen Körper, den richtigen Kopf und das richtige Gesicht, um das zu zeigen. Ein Gigant. Aber keiner, der seine Kolleg*inn*en an die Wand spielte. Der Wikipedia-Eintrag hebt zutreffend hervor, wie viele neben ihm ihren schauspielerischen Durchbruch schafften.

Für mich zeigte die Reihe mit ihm als Hauptrolle, dass gutes Fernsehen doch möglich war. Und ist. Warum es in Britannien so oft so viel besser gelingt als hierzulande, ist eines der grossen kulturellen Rätsel Europas. Nicht alle Rätsel müssen gelöst werden. Es gibt ja das Internet.

Wenn die deutschen TV-Anstalten einen Rest von Ehre am Leib hätten, dann würden sie eine Woche Sonderprogramm mit Mr. Coltrane veranstalten. Oder wenigstens eine Anthologie seines Lebenswerks in ihre Mediathek stellen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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