Der das sagt hat das Zeug zum internationale Wissenschafts-Star. Oder ist er es schon? Ich habe jedenfalls noch kein dummes Zeug von Adam Tooze gehört oder gelesen. Er gab Michael Hesse/FR ein Interview, dessen Überschrift den Inhalt kaum wiedergibt: “Amerika ist der große Gewinner des Ukraine-Krieges“, klassisches Clickbaiting der Ippen-Gruppe, zu der die FR heute gehört. In Wahrheit ist das lange und lesenswerte Interview ein Parforceritt durch die Geschichte der USA bis in die Gegenwart, und ungemein hilfreich für eine seriöse Deutung der jüngsten Midterm-Elections.
ARD-Opportunismus
Über die von der ARD versendete fussballkritische Serie “Das Netz” hatte ich – tendenziell lobend – hier schon geschrieben. Das muss ich nach Ansicht einiger Folgen der österreichischen Staffel (“Prometheus”) unter der Regie des angesehenen Andreas Prochaska revidieren. Der ARD ist es offensichtlich längst peinlich. Ursprünglich sollte das Werk Donnerstag und Samstag den Hauptabend füllen; jetzt werden die Folgen um Mitternacht verklappt, mit unterirdischen Einschaltquoten.
Bei meinem ersten Lob hatte ich mich schon über die defensive PR der ARD gewundert. “Prometheus” sieht teuer aus, war es wohl auch, wiederum gutes Ensemble, aber schrecklich langweilig mit enervierendster Filmmusik, die offensichtlich die fehlende Dramatik der Inszenierung kompensieren soll – was natürlich alles noch schlimmer macht.
In Vorankündigungen war mal von weiteren Staffeln die Rede, erst fünf, dann drei. Die Dritte sollte aus Italien kommen. Kommt sie? Oder wurde abgebrochen? Was hat der Spass am Ende gekostet? Wird die damalige Degeto-Chefin und heutige ARD-Programmdirektorin Christine Strobl in die Rundfunkräte vorgeladen, um Rechenschaft abzulegen? Wird sie nicht. Denn die “Unternehmensstruktur” der ARD-Tochtergesellschaften und Koproduktionsfirmen dient ja gerade dem Zweck, das zu vermeiden und vor der Öffentlichkeit abzuschirmen.
Mir geht es bei meinem Ärger nicht darum, dass in den Aufsichtsgremien den – in diesem Fall verunglückten – kreativen Macher*inne*n von unqualifizierten Politiker*inne* und Verbandsfunktionär*inne*n ins Handwerk gepfuscht wird (“auf jedem Baum ein Controller”). Aber die Chef-Produzentin, die ist sehr wohl rechenschaftspflichtig.
Opportunistischer Luxus
Der kluge Kopf im FAZ-Feuilleton Niklas Maak hat meditiert: “Genuss trotz Krisen : Welcher Luxus soll’s denn sein? – Gestern der schicke Wagen, heute das teure Yoga-Retreat: Übernehmen neue Milieus Symbole für Erfolg und Anerkennung, schaffen die etablierten Stände eine andere soziale Distinktion. Klar ist: Ein ganz spezieller Luxus könnte sogar dem Planeten helfen.”
Ich kommentiere das so: Luxus – das ist ziemlich genau mein heutiger Lebensstil. Rechtzeitig aus abhängiger Arbeit (= grösstes Gesundheitsrisiko!) raus – wann mann es sich leisten kann. Selbstbestimmt arbeiten, aber nicht zu viel. Mobilität ausnutzen, solange es noch geht. Freund*inne*n treffen, die guttun, so viel es irgend geht. Nicht zuwenig schlafen. Essen und Trinken nicht billig, sondern gut – das kann Ihnen niemand mehr nehmen, die beste Investition in Sachwerte! Mediendiät: nur gucken, lesen, hören, was dem eigenen Kopf guttut. Ärger nur in Dosen zulassen, die motivieren. Neugierig bleiben. Bewegen – nicht zu viel, nicht zu wenig, in schöner Umgebung. Beuel zum Beispiel.
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