Wir brauchen eine bessere mediale Fehlerkultur – auch weil die unsere Krisen wirklich sehr herausfordernd sind
Der Oberchecker spricht: „Die Welt wird untergehen!“ – Und zwar genau:
– 1874, ähh…
– Nein: 1914!
– Aber 1925 dann wirklich! ähh …
– Dann mit größter Sicherheit 1975! …
Die Zeugen Jehovas haben inzwischen aufgehört, ihre Weltuntergangsprognosen mit genauen Terminangaben zu unterlegen. Das entdramatisiert zwar die Wartezeit für Anhänger – die „Suspense-Spannung“, wie die FilmkritikerIn sagen würde, aber es immunisiert auch gegen aufdringliche Nachfragen im Fall der Fehlprognose. Kann deshalb auch von Vorteil sein.
Dennoch sind die Medien heute voll mit Obercheckern und Propheten, die vorgeben, ganz genau zu wissen, was wann wie passieren wird. Die Irrtümer solch „meinungsstarker“ Gestalten sind Legion. Doch die Schnelllebigkeit und Geschichtslosigkeit weiter Teile der Medienkommunikation helfen ihnen dabei, dass sich schon nach kurzer Zeit niemand mehr für die falschen Vorhersagen interessiertund der „prophetische“ Status der „Durchblicker“ für alle kommenden Ereignisse nicht angetastet wird. Ein sozusagen krisensicheres Geschäftsmodell.
Der Tagesspiegel geht diesem Modell am Beispiel von drei reichweitenstarken Figuren aus unserer Öffentlichkeit einmal genauer nach. Der Zeitung gelingt damit eine Art Aufklärung, von der ich gerne mehr sehen würde im heutigen Medienbetrieb. Bei der Bedeutung, die Informationsmedien längst haben, benötigen wir eine solche selbstreflexive Art der medialen Fehlerkultur sehr dringend. Und zwar auch deshalb, weil es mit Krieg und Klimawandel ja tatsächlich große Krisen gibt, bei denen man/frau sich nicht zu sehr irren sollte.
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