Offener Brief an den Vorstand der DB u.a. / Wundersame Bahn CLXXXVIII

Nach Informationen der DB soll es die Bahncard ab Sommer 2024 nur noch in digitaler Form geben, die bisherige „Plastikkarte“ wird abgeschafft. Die DB begründet die Abschaffung damit, dass die Bahnkunden „digitalaffin“ seien, bereits 60% die Bahncard digital nutzen würden. Die 40% der nicht digitalen Nutzer sollen in Zukunft gezwungen werden, sich eine digitale BC zu kaufen oder werden, wenn sie es nicht tun, von „Vergünstigungen“ ausgeschlossen.

Die DB begründet die Einführung der digitalen BC mit zwei zentralen Argumenten: Erstens führe der Wegfall der „Plastikkarte“ zu „Einsparungen“ (warum und in welchem Umfang wird nicht gesagt) und zweitens sei die Plastikkarte ökologisch bedenklich. Hier stellt sich die Frage, warum keine Plastikkarten entwickelt werden, die im Jahresturnus immer wieder aufgeladen werden können. Ökologisch ergibt dies ohnehin mehr Sinn. Als positives Beispiel könnte die tschechische „In-Karta“ dienen, die selbst oder am Schalter beliebig oft wieder aufgeladen werden kann.

Zu den Auswirkungen

1. Mit der ausschließlichen digitalen Nutzung der BahnCard (BC) wird ein erheblicher Bahnkundenkreis ausgegrenzt. Dies betrifft vor allem Kunden, die sich kein Smartphone aus (finanziellen) Gründen zulegen können oder wollen (ältere Menschen, datenschutzbewusste oder ökologisch denkende Menschen etc.)
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2. Die von der DB unterstellte „Nachhaltigkeit“ ist gleichfalls ein Märchen. Smartphones haben eine begrenzte/ kurze Lebensdauer, die Herstellung derselben verschlingt wertvolle Ressourcen und Rohstoffe.

3. Die Apps sind nicht barrierefrei, z.B. für Menschen mit (Seh-) behinderung. Die DB hat gesetzlich einen öffentlichen Auftrag. Dieser umfasst sowohl die Personenförderung als auch auch Vergünstigungen allen Personen gleichermaßen zukommen zu lassen (Diskriminierungsverbot). Mit der Einführung der ausschließlich digitalen BC wird aber dieser Auftrag unterlaufen, indem bezahlbare Mobilität nur denjenigen Kundinnen und Kunden gewährt wird, die auch eine digitale BC erwerben.

Technische Probleme und deren Wirkungen

Um die BC vorzeigen zu können, muss diese im App DB Navigator geladen werden. Hierzu ist ein Smartphone erforderlich. Die Probleme des Datenschutzes, insbesondere der im Ausland registrierten Plattformen, sind hinreichend bekannt und diskutiert worden. Man muss davon ausgehen, dass Millionen Daten in unbefugte Hände gelangen. Ungeklärt bleibt auch, was die DB selbst mit dieser Datenflut macht.

Was passiert, wenn der Akku des Smartphones leer ist? Das Smartphone muss immer geladen sein, um bei einer Kontrolle das Ticket und die BC vorzeigen zu können. Diese Vorstellung ist weltfremd. Es gibt vielfältige Gründe, dass der Akku nicht geladen ist (längere Reisezeit, keine Lademöglichkeit unterwegs etc.) oder das Smartphone wurde schlichtweg zu Hause vergessen, oder… . Können z.B. bei technischen Problemen (das Smartphone ist nicht geladen) das Ticket und die BC nicht vorgezeigt werden, wird eine sogenannte „Fahrpreisnacherhebung“ erhoben, den Fahrpreis kann man zwar innerhalb von 14 Tagen bezahlen, nicht erlassen wird jedoch eine sogenannte „Bearbeitungsgebühr“.

Grundsätzliches

1. Die digitale Bahncard ist kein freiwilliger “Zusatzdienst”, sondern grenzt einen erheblichen Personenkreis aus der Mobilität aus, der sich aus vielfältigen Gründen kein Smartphone zulegen möchte oder kann.

2. Der (durchlöcherte) Datenschutz wird noch weiter ausgehebelt, da die App für die BC nur über die Plattformen der jeweiligen Anbieter wie Apple bzw. Google zu erhalten sind. Wie diese mit den erhobenen persönlichen Daten verfahren, bleibt wie immer unklar. (Beachte: für ausländische Unternehmen gelten Datenschutzbestimmungen nur sehr eingeschränkt).

3. Unstreitig ist, dass das Smartphone einen gewaltigen ökologischen Fußabdruck hinterlässt. Mobiltelefone, Scanner etc. sind sowohl in ihrer Herstellung als auch im Verbrauch ungebremste Stromfresser, wie jüngst z.B. der achhaltigkeitsforscher
Niko Paech betonte.

4. Mit der Einführung der ausschließlich elektronischen Bahncard wird eine Ungleichbehandlung der Bahnkundinnen und Bahnkunden vorgenommen, die es so in einem Unternehmen mit öffentlichem Auftrag nicht geben darf.

Wir fordern:

Keinen Zwang zur Anschaffung einer elektronischen BC

Beibehaltung der bisherigen Plastikbahncard mit der Möglichkeit diese in bestimmten (Jahresrhytmus) Zeitabständen aufladen zu können.

Keine Weitergabe von Daten, die durch digitale Nutzung entstehen (Transparenz).

Verbot der Weitergabe von Daten an Google, Apple etc., da diese den Datenschutz nicht gewährleisten.

Über Gudrun Birkenstein, Detlev Knocke, Rainer Peters, Hans Schmitz, Antje Westermann:

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