mit Update nachmittags

EU-Europa will nichts mehr von der Zukunft wissen. Und auch von der Welt da draussen nicht. Mit dem jüngsten EU-Wahlergebnis wird es sich weiter einmauern und militärisch aufrüsten. Und wenn es nicht gegen das Böse in der Welt da draussen hilft, dann wenigstens gegen den Feind in den eigenen Reihen. Der mich schon lange beeindruckende Kollege Gilbert Kolonko/telepolis berichtet einen aktuellen Altersmedian vom indischen Subkontinent: Indien 27, Nepal 23, Pakistan 20. Hierzulande ist er doppelt so hoch. Hier eine weltweite Liste von Wikipedia. Sie sehen: in Afrika ist es ähnlich wie in Asien. Die Menschen in diesen Ländern haben keine Alternative zum Glauben an die Zukunft.

Kolonkos Text geht aber nicht um Demografie, sondern um die Bekämpfung des Faschismus. Die war nämlich jüngst in Indien jedenfalls erfolgreicher als in der EU. Ich hatte darum jüngst einen vom Wahlergebnis deprimierten grünen Kulturpolitiker auf diese wichtige Arte Dokumentation von Nishtah Jain hingewiesen: Indiens wütende Bauern – Die Dokumentation berichtet von der Widerstandsbewegung indischer Bäuerinnen und Bauern, die seit 2020 für ihr Überleben und ihr Land eintraten. Mit ihrer außergewöhnlichen Revolution kämpften sie zugleich für die Demokratie in Indien.” Verfügbar bis 10.8.

Ich war beeindruckt, unter welchen widrigen Bedingungen diese Menschen politisch zu kämpfen bereit und in der Lage waren (und sind). Das kenne ich hier so nicht. Und Sie wahrscheinlich auch nicht. Mit unseren Augen ist das nicht weniger als sensationell. Und ebenso sensationell war (und ist), dass es sogar Auswirkungen auf die indischen Wahlergebnisse hatte, wie zahlreiche Analysen indischer Regionalergebnisse nahelegen.

Das ist auch Kolonkos Thema: Indien und Deutschland: Wie politische Entfremdung zu Wahlverlusten führt – Die Hindupopulisten werden vom Wähler aus ähnlichen Gründen abgestraft wie hierzulande Linke oder Grüne. Der Vertrauensverlust in die etablierten Parteien hat Parallelen.”

Und sein Vergleich zwischen hier und dort hinkt weniger, als ich befürchtet habe. Meistens funktioniert das nicht, weil solche Vergleiche in Medien Resultat von deren Kostensenkungen im Recherchewesen sind. Das ist bei diesem zwischen hier und dort pendelnden Autor wohltuend anders. Er füllt eine Riesenlücke im deutschen Informationsstand über die Welt da draussen, und tut dies in Onlinemedien, deren Honorare eng an der Menschenwürde-Grenze balancieren. Die Reichen dagegen halten faires Bezahlen für solchen Journalismus für Verschwendung. Wie in Indien.

Update nachmittags

So wird das gemacht

Ein ähnlich exotisches Beispiel für demokratischen Erfolg gibt es in der Mitte EU-Europas. Georg Kurz und Sarah Pansy/Freitag schreiben, wie sie das gemacht haben, und der Verlag des Milliardärssohns Jakob Augstein hat es tatsächtlich (noch) nicht digital eingemauert: Linker Aufschwung: Zehn Punkte, die die KPÖ ganz anders macht – Gegen den Europa-Trend der Linken ist die Kommunistische Partei Österreichs derzeit im Aufwind. Wie das? Es gibt kein Patentrezept, wohl aber Erfahrungen. Zwei Mitwirkende aus Partei und Wahlkampf erklären, was wir von ihnen lernen können “.

Es gibt Deutungen der österreichischen Verhältnisse – ein Zwergstaat halb so gross wie NRW – die sagen, die von ihrer Partei desillusionierte “Grüne Jugend” habe die einst kommunistische KPÖ “übernommen”. Offenbar war das für beide fruchtbar.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net