Finanzierung des Profifussballs – stille Pokerpartien

Stadionfans zahlen nicht wenig für ihre Karte, in der Mehrheit ihre Dauerkarte. Sie drücken damit aus, was ihnen die dargebotene Kunst ungefähr wert ist. Und nehmen dabei im Stadion auch kein Blatt vor den Mund. TV-Zuschauer*innen zahlen die staatsvertraglich festgelegte Haushaltsgebühr für ihre öffentlichen Sender. Was ihnen der Fussball dabei wert ist, werden sie nicht gefragt. Die TV-Rechte-Pokerspieler*innen, die öffentlich nicht verheimlicht werden, aber weitgehend anonym bleiben, spielen ohne öffentlichen Auftrag, und unter geringfügigster Kontrolle ihrer Rundfunk- und Fernsehräte. Verträge, die sie in öffentlichem Auftrag abschliessen, werden nicht offengelegt.

Diese Spieler*innen und ihre Kontrolleur*inne*n eint ihr Bedürfnis, dazugehören zu wollen zu der Welt der Reichen, Schönen und Berühmten – wenigstens mal mit ihnen schwätzen und zuprosten dürfen – dann hätte sich der ganze Aufwand für sie persönlich schon gelohnt. Bezahlen tun wir das, Sie und ich. Ohne gefragt zu werden. So ernährt sich der Profifussball der Herren, in den Startaufstellungen der ersten Spielklasse fast ausnahmslos Millionäre. Weiter unten – und bei den Frauen – sieht es dagegen schon bescheidener aus – wie im wahren Leben.

Nun gibt es neue Wasserstandsmeldungen, wie es mit dem Business weitergehen könnte. Wie in anderen Sektoren der deutschen Ökonomie sieht es auch hier bescheidener aus als in den Vorjahren.

Nach Kriegsausbruch Waffenstillstand

Bei den Verhandlungen um die TV-Rechte an den Spielen der 36 DFL-Mitglieder (Erste und Zweite Bundesliga) war um die Rechte an den Samstagsnachmittagsspielen der Ersten Liga, dem dicksten Paket, ein Krieg ausgebrochen. Der befindet sich derzeit in einem Waffenstillstand – die Diplomat*inn*en sprechen miteinander vor Schiedsgerichten. Eine Verlagerung vor ordentliche Gerichte des von allen Beteiligten gefürchteten Rechtsstaates ist immer noch denkbar. Die kreditgebenden Geldhäuser und Oligarchen wären nicht amüsiert.

Schlimm für die Arbeitgeber der spielenden Millionäre ist schon der jetzige Zustand. Es geht hier um die grösste aller ihrer Einnahmepositionen (ausgenommen vielleicht die, die in der Champions-League mitspielen dürfen). Das heisst, ihnen fehlt die Planungssicherheit. Sie können nichts über die in wenigen Wochen beginnende Saison hinausplanen. Jedenfalls nichts, was Geld kostet. Und bei denen ist das Nichts.

Vergleichbar ist der Pokerspielstand um die kommende WM in zwei Jahren, und zwar auf dem grössten Medienmarkt Europas, dem deutschen. Denn auch hier gibt es bislang weder Verhandlungen noch gar Gebote. D.h. weder der Veranstalter MaFifa noch die mglw. sendenden Medien können planen. Mitleid ist mit keinem Beteiligten angebracht. Aber die Qualität des Gebotenen und die Art der Darreichung – von Journalismus spreche ich hier gar nicht mehr, er ist definiv nicht unabhängig – wird durch derartige Pokerspiele mit anschliessender Überdentischzieherei nicht verbessert.

Ebenso still ruht der See um ein Ereignis, das noch ein Jahr vor der WM ebenfalls in den USA ausgetragen werden soll: eine auf 32 Teilnehmer aufgeblasene Mafifa-Club-WM. Im April wurde verbreitet, die Fifa sei “kurz vor einer Einigung” mit dem Apple-Konzern. Ein Vollzug wurde jedoch bisher nicht gemeldet. Und die Frage nach Free-TV-Rechten blieb unbeantwortet. Würde Apple Unterlizenzen verkaufen? Oder die Mafifa selbst?

Fazit: das Ende der Fussballmedienblase ist in Sicht, weit näher als der Horizont.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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