Ein Manifest für eine neue digitale Wirtschaft – Um eine demokratische digitale Zukunft aufzubauen, müssen die mächtigen Tech-Konzerne zerschlagen werden, fordern wir gemeinsam mit über 70 Organisationen in einem neuen Manifest.
Wir, Menschen und Organisationen aus aller Welt, kämpfen für eine Zukunft, in der die digitale Infrastruktur, die diese Welt durchdringt, im Dienst der Menschen, der Beschäftigten und des Planeten steht. Eine Zukunft, in der sich Kreativität und Innovation frei entfalten können, ganz ohne zentralisierte Kontrolle.
Wir glauben an eine Welt, in der die Kontrolle über Daten und Technologien dezentralisiert, umverteilt und demokratisiert wird und nicht mehr in den Händen gefährlicher Tech-Monopolisten liegt. Eine Welt, in der Menschen frei wählen können, mit welchen digitalen Werkzeugen sie die Welt erkunden und sich miteinander vernetzen, und zwar ohne dabei ihre Privatsphäre oder andere Rechte aufgeben zu müssen. Eine Welt, in der wir die volle Kontrolle haben und darauf vertrauen können, was uns soziale Medien zeigen, weil eben nicht Algorithmen das Sagen haben, die uns überwachen, ausnutzen, aufwiegeln und abhängig machen sollen.
Wir wissen, dass eine solche Welt möglich und wichtig ist, und zwar dringend. Doch von allein wird sie nicht entstehen. Damit die digitale Zukunft sich so gestaltet, wie wir es alle verdienen, müssen Staaten entschlossen und mit all ihren Ressourcen handeln. Nur so können sie die mächtigen Tech-Monopole aufbrechen und die Digitalwirtschaft auf einen Weg bringen, der Innovation, fairen Wettbewerb und demokratische Werte fördert. Nur so können die Menschen sich wirklich frei und selbstbestimmt für Waren und Dienstleistungen entscheiden, die sie nicht ausnutzen, sondern einen Nutzen bringen.
Big Tech hat uns in ein Zerrbild der digitalen Welt eingesperrt. Es höhlt unsere Demokratie systematisch aus und macht die Reichen immer reicher, während gleichzeitig die Ungleichheit auf der Welt immer größer wird. Es ist an uns, die abgeschotteten Systeme (Walled Gardens) einzureißen, mit denen Big Tech letztlich nur die eigenen Profite schützt, und nicht das Wohlergehen aller. Damit lassen sich Fortschritt, fairer Wettbewerb und Innovation in einer neuen Digitalwirtschaft freisetzen – diese kann dann den Milliarden Menschen dienen, die das Internet wirklich ausmachen, und nicht den Wenigen, die im Moment die Fäden in der Hand halten. Um dies zu erreichen, müssen die Staaten:
Big Tech zerschlagen und für fairen Wettbewerb sorgen
Um optimale Bedingungen für eine neue Digitalwirtschaft zu schaffen, müssen die Regulierungsbehörden die strukturelle Macht der Tech-Konzerne direkt angehen und einheitliche Wettbewerbsbedingungen schaffen, damit Alternativen entstehen und sich entwickeln können. Dazu gehört:
1. Die striktere Umsetzung des aktuellen Wettbewerbs- und Kartellrechts: So lassen sich dominante Tech-Konzerne entflechten, währende eine weitere Konsolidierung durch Verbote weiterer Fusionen und Übernahmen verhindert wird.
2. Die Verpflichtung dominanter Technologieunternehmen zu mehr Interoperabilität: So können Nutzergruppen frei wählen und problemlos zwischen verschiedenen Plattformen und Anbietern wechseln. Neue Markteilnehmer bekämen eine Chance, die Empfehlungssysteme der Plattformen ließen sich individuell anpassen.
3. Die angemessene Besteuerung dominanter Tech-Konzerne, bspw. durch eine Digitalsteuer: So können die enormen Gewinne umverteilt werden.
Eine neue und faire Digitalwirtschaft fördern
Staatliche Industriepolitik muss proaktiv ein offeneres und vielfältigeres Ökosystem digitaler Dienste fördern, das dem Gemeinwohl dient und nicht der privaten Profitmaximierung. Dazu gehört:
1. Die Bereitstellung umfangreicher Investitionen zur Förderung einer öffentlichen digitalen Infrastruktur mit freier und quelloffener Software nach dem Grundsatz der digitalen Allmende.
2. Der Einsatz des öffentlichen Beschaffungswesens als Markthebel für Einführung und Ausbau von offenen und interoperablen Alternativen zu vorherrschenden Big-Tech-Unternehmen.
3. Die Einführung und Durchsetzung von robusten Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte sowie von nachvollziehbarer Governance, auch hinsichtlich der öffentlichen digitalen Infrastruktur.
Die digitale Welt ist unsere Welt; ihre Hard- und Software ist die Infrastruktur menschlicher Vernetzung. Diese Welt ist zu groß, zu wichtig, als dass wir sie einigen wenigen überlassen könnten, die doch nur aus Eigeninteresse handeln. Wenn Regierungen die vorgeschlagenen Maßnahmen ergreifen, können sie mehr tun, als nur die Symptome zu lindern, die durch die geballte Macht der Tech-Konzerne und deren schädliche Geschäftsmodelle entstehen. Stattdessen kann eine bessere und fairere Digitalwirtschaft entstehen. Jetzt ist die Zeit, damit anzufangen.
Weitere Informationen
Im Original trägt das Manifest den Titel “Beyond Big Tech: A manifesto for a new digital economy”. Koordiniert wurde es vom Balanced Economy Project, People vs Big Tech und IT for Change. Es wird von einem Whitepaper begleitet, das eine Vision für eine neue digitale Wirtschaft entwirft.
Unterzeichner*innen
Accountable Tech; African Internet Rights Alliance; AfroLeadership; AI Forensics; Alternatif Bilisim (AiA-Alternative Informatics Association); Alliance4Europe; ARTICLE 19; Associação Alternativa Terrazul; Association for Progressive Communications; Balanced Economy Project; Bangladesh NGOs Network for Radio and Communications; Canadian Anti-Monopoly Project (CAMP); Center for the Study of Organized Hate; Centre for Artificial Intelligence Ethics and Governance in Africa (CAIEGA); Check My Ads Institute; Coding Rights; Commons Network; Consortium of Ethiopian Human Rights Organizations; Corporate Europe Observatory (CEO); Council for Responsible Social Media; CyberLove; Defend Democracy; Digital Action; digiQ; Digitalcourage; Ekō; European Digital Rights (EDRi); Fair Vote UK; Federación de Consumidores y Usuarios CECU; Forum on Information and Democracy; Foxglove; German NGO Forum on Environment & Development; GRESEA; Hindus for Human Rights; Homo Digitalis; Human Rights Journalists Network Nigeria; HuMENA for Human Rights and Civic Engagement; IT 4 CHange; Lie Detectors; LobbyControl e.V.; LODelle; Nexus Research Cooperative; Open Future; Open MIC; Open Markets Institute; Panoptykon Foundation; People Vs Big Tech; PLZ Cooperative; Public Citizen; Rebalance Now; SHARE Foundation; SocialTIC; SOMO; Superbloom Design; TEDIC; Tehila; The Citizens; The London Story; Transnational Institute; UBUNTEAM; Universität zu Köln; Uplift; Waag Futurelab; WACC; Wikimedia Germany; T20 Working Group on Information Integrity, Interoperability & Media Diversity (i3M); World Economy, Ecology & Development – WEED; Xnet, Institute for Democratic Digitalisation; Robin Berjon, Governance & Standards Technologist; Dr. Ian Brown, Centre for Technology and Society at Fundação Getulio Vargas (FGV); Dr Christina J. Colclough, The Why Not Lab; Dr. Maria Farrell, Writer; Michelle Meagher, Competition lawyer and author
Autor Felix Duffy iat Campaigner im EU-Bereich, arbeitet zu den Themen Konzernmacht und Macht der Digitalkonzerne. Autor Max Bank ist Campaigner im EU-Bereich, arbeitet zu den Themen Konzernmacht und Macht der Digitalkonzerne. X: @max_bank.
Dieser Beitrag ist einer Übernahme von Lobbycontrol.
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