Natürlich ist Terrorismus kein legitimes Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele. Das gilt selbstverständlich auch für Staatsterrorismus. Wenn ein Staat sich nicht mehr an die eigenen Regeln hält, liegt ein Anfangsverdacht vor, wie es in der Juristensprache heißt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz definiert Staatsterrorismus als einen im Auftrag einer fremden Macht – meist durch den Nachrichtendienst – ausgeübten oder gesteuerten Terrorismus. Prominenter möglicher aktueller Fall in Deutschland könnte z. B. die immer noch unaufgeklärte Sprengung der Nord-Stream-Pipeline am 26. September 2022 sein.

Maßgebliche staatsterroristische Ziele können die Einflussnahme auf fremde Staaten, die Einschüchterung und Neutralisierung von Oppositionellen, aber auch die Bestrafung von „Verrätern“ oder Überläufern sein (z. B. der sog. Tiergartenmord). Bei Staatsterrorismus erfolgen normalerweise schwere Straftaten wie Mord, Totschlag oder Entführungen.

Einen mutmaßlichen Verbrecher ohne ordentliches Gerichtsverfahren durch staatliche Organe umzubringen, wäre ein solcher Fall. Dass der eigene Staat sich des Staatsterrorismus schuldig macht, sieht die Definition des Bundesamts für Verfassungsschutz allerdings nicht vor. Das ist ebenso löblich wie beruhigend, denn schließlich ist die Bundesrepublik Deutschland ein Rechtsstaat, in dem alle staatliche Gewalt an Recht und Gesetz gebunden ist.

Die USA haben bei der Liquidierung des Anführers der von Al-Qaida, Osama bin Laden, in der Nacht zum 2. Mai 2011 in Pakistan immerhin noch darauf geachtet, dass möglichst keine unbeteiligten Zivilisten zu Schaden kamen, was man von den Israelis bei der Tötung von Hassan Nasrallah am 27. September 2024 in Beirut nicht behaupten kann. Nasrallah war ohne Zweifel eine der übelsten Figuren der von den iranischen Mullahs finanzierten Hisbollah, einer Terrororganisation, wie sie im Buche steht.

Auch wenn der erste Impuls nach der Tötung der Führungsclique der Hisbollah klammheimliche Freude gewesen sein mag, ist sie trotzdem alles andere als angebracht und klug, denn erstens sollte man sich nie mit seinen Gegnern auf eine Stufe stellen und zweitens ist die weitere Eskalation dieses wahnsinnigen Krieges im Libanon und im Gaza vorprogrammiert. Jeder getötete Kämpfer der Hisbollah und der Hamas hinterlässt unzählige Menschen, die nichts anderes als Rache im Sinn haben. Das müssten die orthodoxen Juden in der israelischen Regierung eigentlich besonders gut verstehen, denn geistesgeschichtlich entstammt ihre Weltanschauung den gleichen mehr als 2000 Jahre alten archaischen Wurzeln. Auge um Auge, Zahn um Zahn (2. Mose 21,24).

Nicht nur dem Islam in seiner vorherrschenden Ausprägung ist das Gedankengut der Renaissance und der Aufklärung fremd, sondern auch den Orthodoxen Juden in Israel.

Die Tragödie dabei ist nicht nur das unendliche Leid, das dieser Krieg, wie alle Kriege, verursacht. Israel ist dabei, überall auf der Welt sämtliche Sympathien zu verspielen, wenn Netanjahu ungehindert so weitermacht wie bisher.

Wie immer bei komplexen Situationen, ist der spontane Impuls nicht geeignet das Problem zu lösen. Es rächt sich bitter, dass die USA das mühsam ausgehandelte Atomabkommen mit dem Iran, das am 18.10.2015 in Kraft trat, nur drei Jahre später unter Donald Trump wieder aufkündigten und es seither nicht gelungen ist, eine stabile Sicherheitsarchitektur für den Nahen Osten zu etablieren. Barack Obama, Präsident der USA von 2009 bis 2017, hat dem Thema keine hohe Priorität eingeräumt. Ohne Teheran (und im Hintergrund Moskau) und Washington wird es jedoch keinen Frieden im Nahen Osten geben. Mindestens genauso wichtig dürfte die weitere innenpolitische Entwicklung in Israel sein. Welche Strategie die deutsche Außenpolitik in der Nahost-Politik verfolgt, ist vollkommen unklar. Zweifel sind leider angebracht, ob die deutsche Außenministerin zur Verhinderung eines „Flächenbrands“ mehr als nur wohlfeile Appelle im Köcher hat.

Über Dr. Hanspeter Knirsch (Gastautor):

Der Autor ist Rechtsanwalt in Emsdetten und ehemaliger Bundesvorsitzender der Deutschen Jungdemokraten. Er gehörte in seiner Funktion als Vorsitzender der Jungdemokraten dem Bundesvorstand der F.D.P. an und war gewähltes Mitglied des Landesvorstands der F.D.P. in NRW bis zu seinem Austritt anlässlich des Koalitionswechsels 1982. Mehr zum Autor lesen sie hier.

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