Christoph Zöpel hat für sozialdemokratische Verhältnisse immer überraschend weit vorausgedacht. Und ist damit, jede Wette, nicht wenigen seiner Genoss*inn*en gehörig auf den Zeiger gegangen. Ich habe zwei persönliche Bezüge zu seinem Wirken. Es gab wohl keinen NRW-Landesminister, erst recht keinen OB, der im strukturgewandelten Ruhrgebiet so tiefe Spuren hinterlassen hat, wie er. Das reicht bis zur heute noch andauernden Emscherrenaturierung. In Zusammenarbeit mit Karl Ganser, den er zum Chef der “IBA Emscherpark” gemacht hatte, war das in erster Linie eine sehr grosse Kommunikationsleistung, wie wir sie in der zeitgenössischen Politik nur noch selten erleben.
Mein zweiter Bezug war die Vorbereitung der ersten rot-grünen Koalition in NRW, die 1995 begann, als die NRW-Grünen sich von 5 auf 10% verdoppelt hatten. Sie konnte nur gelingen, weil wir sie gut vorbereitet hatten. Linke Grüne und linke Sozis trafen sich in Marl (oder war es Erkenschwick?), um sich in Ruhe inhaltlich auszutauschen – ohne PR-Windmacherei. Was wollen wir? Wo gibt es Konflikte und Ärger, wo gibt es Übereinstimmung? Wie ticken die eigentlich? Wie können Selbstbild und Fremdbild zusammengebracht werden? Zöpel steuerte die Tagungsvorbereitung auf SPD-Seite und konnte das wagen, weil Johannes Rau ihn nach aussen immer gedeckt hat. Auf grüner Seite haben wir viel in Roland Appels MdL-Büro dafür gemacht, eng verbunden mit der damaligen NRW-Parteisprecherin Kerstin Müller. Zöpels Leute waren seinerzeit u.a. Kajo Wasserhövel, der später zum wichtigsten Mann von Franz Müntefering werden sollte, und der damalige NRW-Juso-Vorsitzende Ralf Krämer, der heute beim BSW ist.
Aus heutiger Sicht war das der Embryo von Rot-Grün in NRW. Elementares politisches Handwerk. Das Wissen, wie mann*frau sowas macht – es scheint mir heute weitgehend ausgestorben.
Mit dieser kleinen Geschichte möchte ich illustrieren, dass der Denker Zöpel nie weltabgewandter Wolkenschieber, sondern in seiner politisch aktiven Zeit immer praxisnaher Stratege war.
Heute macht er ungefähr das Gleiche wie ich: lesen und schreiben. Und wer liest, was er schreibt, kann auch heute noch den eigenen Horizont erweitern. So ging es mir heute morgen mit diesem Text im “Blog der Republik”: “Die weltpolitischen Handlungsmöglichkeiten Europas – Gastbeitrag von Christoph Zöpel – In einem Gespräch mit dem Journalisten Martin Kessler habe ich im Frühjahr 2023 die weltpolitischen Handlungsmöglichkeiten Deutschlands und damit Europas zu erfassen gesucht. Es wurde unter der Überschrift ‘Die Probleme der Welt sind lösbar’ in der von Wolfgang Roters, Horst Gräf und Hellmut Wollmann herausgegeben 2. Auflage des Buches ‘Zukunft denken und verantworten’ veröffentlicht. Diese Handlungsmöglichkeiten sind jetzt mit dem Kenntnisstand vom November 2024 – Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA, Ende der SPD-geführten Koalition in der BRD – präzisiert, aktualisiert und dabei auch erweitert. Dabei sind die Fragen Kesslers unverändert geblieben.”
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