Im Blick auf den Bundestagswahlkampf sind sich alle Analyst*inn*en mit Verstand einig. Der Grundfehler und die substanzielle Schwäche der demokratischen Parteien ist, dass sie dem Agendasetting der hetzerischen Rechten hinterherdackeln. Das ist ein sicheres Rezept für Niederlagen. Also müssen die engagierten Überreste der Zivilgesellschaft die scheunentorgrossen Lücken im gesellschaftlichen Diskurs stopfen. Dort, wo diese Löcher am grössten sind, gibt es Notwehr: in der Emscherzone des Ruhrpotts.
Dort, wo der SPD-Bundestagskandidat Peter Reuschenbach als Willy-Brandt-Referent mit aktiver Mobilisierung für Entspannungspolitik einst knapp 70% holte (bei einer bundesweiten Wahlbeteiligung von 91,1%!), liegt heute die AfD vorne; dafür genügt ihr weniger als ein Viertel. Immerhin haben die hier das Problem erkannt: “Bündnis will rechte Gruppen im Essener Norden zurückdrängen – Essen-Altenessen. Eine neue Initiative namens ‘Team Demokratie’ will zum Wählen ermuntern. Etwa 80 Einzelpersonen und 25 Institutionen haben sich angeschlossen.”
Und in meiner alten Heimat Galdbeck, wo ich durchgehend die Schule besuchte, kriegen immerhin die Frauen – spät genug – den Arsch hoch und machen auch das schönere Foto: “Die Demokratie schützen: Gladbeckerinnen planen Lichterdemo – ‘Nicht wegschauen’: 40 Frauen haben sich in Gladbeck zum Netzwerk ‘Frauen für Demokratie’ zusammen geschlossen. Was sie alles vorhaben.”
Ich erlaube mir konstruktive Kritik. Die Gladbeckerinnen sehen zwar besser aus, präsentieren sich aber inhaltlich ähnlich defensiv, wie es schon die US-Demokrat*inn*en gegen Trump falsch gemacht haben. Der Altenessener Ansatz ist mobilisierender und trifft den strategischen Kern besser: die Mehrheit der demotivierten und demobilisierten Demokrat*inn*en muss angesprochen werden.
Ein bisschen stolz auf die Altenessener*innen bin ich ausserdem. Mitte der 70er Jahre beteiligte ich mich an einer Bürgerinitiative für ein slbestverwaltetes Jugendzentrum im Essener Norden. Ich bewegte sogar den damaligen Ortsvorsitzenden der FDP zum mitmachen. Dann diffamierte der damalige Juso-Chef Willi Nowack uns über die Lokalpresse als “kommunistisch unterwandert”. Tatsächlich war der damalige Vertreter der DKP-nahen SDAJ in der Initiative ein Mann des deutschen Inlandsgeheimdienstes. Ich erinnere mich gut an ihn, auch seinen Namen; das Haus, in dem er in der Altenessener Strasse/Ecke Heßlerstrasse wohnte, wurde im Zuge des U-Bahnbaus 2001 abgerissen. 1976 verliess ich den Ruhrpott. Ein Jahr später entstand daraus die “Initiative Zentrum Zeche Carl e. V.”, die heute das “Team Demokratie” mitinitiiert. Es war also nicht alles umsonst 😉 Mit herzlichem Gruss an meinen Freund Andreas Bomheuer.
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