Erstmal nur die in Schweden – aber der Kapitalismus dreht sich beschleunigt weiter

Die Medienwelt lässt sich vom Trump-Regime von einem Schock in den nächsten treiben und weiss nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Das Publikum wendet sich mehrheitlich genervt ab. Wie wäre es da mit einem Blick auf “uns”, das gute Europa? Nicht zu den Bösen auf dem Balkan, sondern ins angeblich sozial so gepflegte skandinavische Nordeuropa. Dieses Klischee ist schon lange falsch. Noch vor Deutschland oder Frankreich sind dort – fast überall – Faschisten an Regierungsbildungen beteiligt. Und ein besonders erfolgreicher war schon im Krieg Faschist.

Marianne Kerfriden und Xavier Deleu halten sich mit dieser alten Geschichte nicht lange auf, lassen sie aber wohlweislich auch nicht einfach weg. In dieser schon zwei Jahre alten aber im Sinne des Wortes weiter “brennenden” Dokumentation, die Arte erneut ins Programm gehoben hat: Wie Ikea den Planeten plündert – Billy, Kallax, Lack: Die Produkte stehen in Wohnzimmern auf der ganzen Welt. Als weltweit führender Möbelproduzent verarbeitet Ikea jedes Jahr 20 Millionen Kubikmeter Holz. Trotz des immensen Verbrauchs wirbt der Großkonzern mit Umweltbewusstsein. Zu Recht? Der Dokumentarfilm deckt die weltweiten Verbindungen zwischen dem Möbelmulti und einer unkontrollierten Holzproduktion auf.” Verfügbar bis 11.5.

Was der Möbelkonzern tut, ist politisch in erster Linie ein Problem der EU. Er wird protegiert von den Regierungen Schwedens, Polens und Rumäniens, weil sie hochrangige Teilnehmer seiner Geschäfte sind. Längst aber wird global operiert, nicht viel anders als es etwa Tesla oder andere Multis auf der Welt machen.

Die historische Bedeutung des “Modells” Ikea ist, dass es Möbel zu einem Modeartikel gemacht hat. Wie wir es von vielen anderen Verbrauchsgütern kennen. Unsere Grosseltern glaubten noch an Produkte, die “ein Leben lang” funktionieren. Wie widersinnig in einer kapitalistischen Ökonomie! Darum wurde es in meiner Lebenszeit umgekrempelt. Jedes Jahr ein neues iPhone – das ist erfolgreiche Ökonomie. Und die Altlasten? Die Müllentsorgung? Die Wiederverwertung auf ghanaischen Müllhalden? Herrjeh, da muss sich mal jemand Anderes drum kümmern … wenn “wir” längst tot sind.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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