Gut, dass ver.di streikt
Ein leitender Angestellter eines vorübergehend noch relevanten Bonner Lokalmediums meint, der Warnstreik im Bonner Nahverkehr sei “überflüssig”, weil “Am Ende wird man sich wie immer ohne Rücksicht auf die öffentlichen Kassen auf etwa die Hälfte einigen.” Da hat wohl wieder einer in Sozialkunde nicht aufgepasst. Aber ich helfe gern.
Da ist zuerst der Art. 9 des Grundgesetzes, der auch den Schwächeren der Gesellschaft gestattet, sich für ihre gemeinsamen Interessen zu organisieren. Dieses Grundrecht wird übrigens immer als erstes von faschistischen Regimes kassiert, wenn sie die Macht übernehmen. Ich sags nur vorbeugend …
Mit der “Rücksicht auf die öffentlichen Kassen” ist es ungefähr so: 7,7 Billionen sind in privater Verfügungsgewalt. Als Zahl sieht die ungefähr so aus: 7.700.000.000.000. Was machen die da? Würde denen was fehlen, wenn sie, sagen wir nur mal so über’n Daumen, eine der 7 zum Wohle der Allgemeinheit (Art. 14 GG) geben? Warum bedankt sich der leitende Angestellte nicht bei der FDP für die leeren öffentlichen Kassen? Oder bei Wolfgang Schäuble und seinen schwäbischen Hausfrauen?
Seit Einführung des 49€-Tickets fahre ich vermehrt Bus. Ich bewundere die Busfahrer*innen, die mich durch das mit Blech vollgeparkte Combahnviertel manövrieren, ohne auch nur die geringste Schramme zu verursachen. Viele Fahrgäste teilen meine Bewunderung, obwohl sich einige auch wie “die Axt im Unterholz” benehmen. Das müssen die Busfahrer*innen dienstlich aushalten, wie auch viele andere unterirdische Arbeitsbedingungen. Wenig sensationell und wenig beachtet ist die Tatsache, dass die Mehrheit von ihnen es nicht schafft, das Rentenalter gesund zu erreichen. Und der Nachwuchs steht ebenfalls nicht Schlange für diese nervenaufreibende Arbeit.
Dieses Land und der real existierende Kapitalismus haben ein Grundsatzproblem mit der Wertschätzung menschlicher Arbeit. Je härter sie ist, umso mieser bezahlt. Das soll gerecht sein?
Wenn sie nun streiken, dann nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Millionen anderen Kolleg*inne*en im öffentlichen Dienst, die “den Laden am Laufen halten”, z.B. all die grippekranken Erzieher*innen, die bei den Kindern alle Viren aufnehmen, die derzeit kursieren. Und auch für uns Rentner*innen. Denn die Rentenbemessung orientiert sich an den Reallöhnen. Höhere Löhne = höhere Einzahlung in die Rentenversicherung.
Sie streiken also auch für mich. Find ich gut.
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