In diesem argumentationsarmen Bundestagswahlkampf gibt es vieles Wichtiges, was gar nicht erst ignoriert wird. Haben Sie z.B. schon mal von der “Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL)” gehört? Ich nicht, obwohl mich das Thema sogar interessiert, weil mich mein Essen und Trinken sehr interessiert – ich investiere dafür 40% (und nicht 14%, wie der Bundesdurchschnitt) meines Monatseinkommens. Das Unlustige ist nun, dass diese “ZKL” eine Vorläuferin hatte, das “Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung”, das auch mir besser unter dem Namen “Borchert-Kommission”, benannt nach einem früheren CDU-Landwirtschaftsminister, bekannt war. Beide Kommissionen haben imgrunde die gleichen Vorschläge gemacht. Passiert ist nichts.

Diese – nehmen Sie es, wie Sie wollen – deprimierende und/oder skandalöse Geschichte über viele Jahre hinweg zeichnet der sachkundige Kollege Florian Schwinn/overton nach: Zukunft Landwirtschaft – Können wir unser Wissen in Handeln umsetzen und damit die großen Krisen meistern? Ist die Menschheit zukunftsfähig? Heute geht es weiter mit dem Thema Zukunft – nur eine Nummer kleiner.”

Mir stellen sich mehrere strategische Fragen an die Grünen, die derzeit, nicht zum ersten Mal, den zuständigen Fachbundesminister stellen. Eine erste “Agrarwende” hat es noch unter Rot-Grün 1998-2005 gegeben. Die zuständige Ministerin Renate Künast machte sich nicht immer und überall beliebt (auch bei mir nicht), aber sie bewegte was, so dass es die Öffentlichkeit auch bemerkte, und war eine Freundin offener und ehrlicher Aussprache (ist sie bis heute, Kompliment!). Z.B. killte sie die in Bonn ansässige Propagandakompanie der Agrarindustrie CMA (“Centrale Marketingagentur der deutschen Agrarwirtschaft”, “aus deutschen Landen frisch auf den Tisch”, “Fleisch ist gesund” etc.) – ein historisches Verdienst.

Auch der Kollege Schwinn diskutiert die Wirkungslosigkeit dieser auf sachlichen Konsens gebürsteten Kommissionen. Konsens ist leise, Konflikte machen mehr Geräusch in der Aufmerksamkeitsökonomie. Vom Kollegen Özdemir weiss ich – und meine das weder sarkastisch noch ironisch – dass er hochtalentiert darin ist, ganze Sätze frei auszusprechen, dabei mit andersdenkenden Leuten ein vernünftiges Gespräch zu führen und einen guten Eindruck zu machen. Für das Machen dagegen braucht er fähige Leute. Hat er die nicht? Künast hatte die.

Und die gegenwärtig entscheidende Frage ist: ein elementares Wahlkampfthema für eine grüne Klimaschutz&Genuss-Agenda. Mit einem vorzeigbaren und sprechfähigen Ministergesicht. Warum bemerke ich davon nichts? Zumal der doch angeblich noch was Wichtigeres werden will …

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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