Was ist die Aufgabe von Geheimdiensten in einer Demokratie? Das ist zurecht umstritten. Denn sie haben keine demokratische Struktur. Wie der Name schon sagt. Sie sind niemandem rechenschaftspflichtig, ausser denen, die sie mit Ressourcen ausstatten. Das sind Regierung und Parlament. Die arbeiten aber in Geheimdienstangelegenheiten nichtöffentlich, also nicht kontrollierbar (ausser durch sich selbst; Regierungen, Parlamente und Parteien sind nichthomogene in sich widersprüchliche Apparate). Aus diesen Fakten ergibt sich: in einer Demokratie hat ein Geheimdienst keine Urteilskompetenz. Die liegt bei Wähler*inne*n, Gewählten sowie der Justiz – den drei Staatsgewalten, von denen ein Geheimdienst ein der Exekutive untergeordneter Apparat ist, bzw. sein sollte. Daraus ergibt sich: er hat allenfalls Recherche- und Ermittlungsaufgaben, zu denen andere staatliche – und im Idealfall demokratische – Institutionen nicht bereit und in der Lage sind.

Wenn nun einstmals respektierte Medien, wie die ARD, mit ihrer Tagesschau und ihrem Brennpunkt, im Videotext schlagzeilt, als sei es eine neue Nachricht, die AfD sei (jetzt aber wirklich) “gesichert rechtsextremistisch”, weil ein in Köln ansässiges Bundesamt das presseerklärt hat, dann ist das Wasser auf die Mühlen der AfD-Propaganda. Sie kann sich mit ihrer angeblichen Gefährlichkeit für “die da oben” schmücken. Obwohl, und das ist den Intelligenteren im Kölner Bundesamt bestens bekannt, sie objektifv das glatte Gegenteil ist.

Der seit Jahren bekannte und aktenkundige Faschismus der AfD, sogar gerichtlich seit Jahren festgestellt, ist für die herrschenden Klassen eine “alternative” Option, wenn es mit der bürgerlich-demokratischen Herrschaftsform im Kapitalismus nicht mehr weitergeht. Die Frage, ob es schon so weit ist, zerteilt derzeit die CDU/CSU, und zieht diese, mit dem kommenden Bundeskanzler an der Spitze und den Flüchtlingsjägern im Bundesinnenministerium, immer weiter nach rechts. Denn das Asoziale der AfD ist ja gerade das, was sie auch für die “bürgerlichen”, ich würde eher formulieren: die dümmsten Teile der zeit- und stellenweise demokratisch orientierten Rechten so attraktiv macht.

Es zieht sie miteinander dorthin, wo Donald Trump mit seinen Oligarchenbrüdern schon ist. Niemand braucht ein Bundesamt in Köln, um das herauszufinden.

Ist das Getrommele also Doof- oder Bosheit? Das müssen Sie selbst entscheiden. Ich befürchte das Schlimmste – es ist oft einfacher und schlimmer, als mann*frau von aussen denkt. Wenn Sie glauben, das werde intelligent “gesteuert” – für mich wäre das neu.

Hinweis am Rande, wenn es in der ARD mal um was Wichtiges geht

Zwar hat sich die ARD gegenüber der Klimabewegung und ihrer Forderung nach einem “Klima vor 8” anstelle der sinnfreien Börsensendung als unnachgiebig und rechtsstabil gezeigt. Aber, um die Unruhigen in den eigenen Reihen zu beschäftigen, freitags auf “Tagesschau24” eine “Klimazeit” eingerichtet. Hat keine*r gemerkt, ich weiss. Ausser ich: ich schaue zumindest immer, welche Themen die haben, und manchmal guck’ ich auch zu. Aber weil erstens keine*r zuguckt, und zweitens auch Klimajournalismus echtes Geld kostet, haben sie im April die Sendezeit von 30 auf 15 Minuten halbiert.

Das freut die AfD, aber reicht ihr natürlich nicht aus … Die Linken und Liberalen in den öffentlichen Anstalten wissen es, ihre Bosse aber nicht: Rechten kann mann (frau sowieso nicht) es nie rechtmachen. Das ist seit 1848/1871/1914/1918-19/1933/1939/1945 in Deutschland allen bekannt, die im Geschichtsunterricht nicht geschlafen haben. Auch dafür braucht Köln kein Bundesamt.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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