Der Weichensteller Christoph Zöpel (SPD) meldet sich kraftvoll zu Wort
Meine Erinnerung an diesen Mann ist sehr ausgeprägt, und mit viel Erfahrung politischer Wirksamkeit verbunden. Als NRW-Landesminister hat er sich, weit mehr als irgendein “Kanalarbeiter”, um meinen Migrationshintergrund, den Ruhrpott, verdient gemacht, zusammen mit dem von ihm rekrutierten Chef der “IBA-Emscherpark” Karl Ganser, einem ihrer intensivsten kritischen journalistischen Begleiter Andreas Rossmann (FAZ) – und auch mein Ex-Chef Thomas Rommelspacher gehört als grüner Kritiker, der dabei konsequent und radikal konstruktiv blieb, in diese Aufzählung – im besten Sinne – starker Männer.
Als Johannes Rau zu Beginn der 90er die neu – und mit 400 Stimmen über den Durst arschknapp – in den NRW-Landtag eingezogenen NRW-Grünen “gar nicht erst ignorieren” wollte, organisierten einige linke Grüne und Sozialdemokrat*inn*en ein nichtöffentliches Treffen irgendwo im Wald zwischen Marl und Recklinghausen – dort, wo kein*e Landeskorrespondent*in aus D’dorf aus eigenem Antrieb jemals hinreisen würde. Ich organisierte das im Auftrag meines Chefs Roland Appel und der Grünen-Landessprecherin Kerstin Müller. Auf SPD-Seite waren das u.a. heute so verschiedene Typen wie die damaligen Jusos Kajo Wasserhövel und Ralf Krämer, als damaliger Juso-NRW-Vorsitzender Vorgänger der später bekannter werdenden Svenja Schulze. Diese Genossen agierten mit Wissen und im Auftrag Zöpels als stellv. Vorsitzender der NRW-SPD. Ergebnis war erfolgreiches kennen und schätzen lernen, erste Schritte zu gemeinsamer Sprechfähigkeit und nach dem dazu passenden Wahlergebnis 1995 die erste rot-grüne Koalition in NRW.
War das nun von Zöpel damals besonders “mutig”? Ich glaube, nein. Die richtigen Begriffe sind “weitblickend” und “vorausschauend”. Selbst seine härtesten (innerparteilichen) Kritiker*innen bestritten niemals seine Intelligenz. Sie fanden ihn oft “arrogant”, weil sie spürten, dass sie dümmer waren. Ich fürchte, daran hat sich bis heute nichts geändert.
Nun meldet sich der alte Mann und ich empfehle nicht nur seinen Genoss*inn*en, sondern auch meinen Partei”freund*inn*en”: lesen bildet!
“Erfahrungen mit sozialdemokratischer Sicherheits- und Friedenspolitik. – Die Auseinandersetzungen in der SPD über die friedenspolitischen Positionen des ‘Manifests’ machen mich betroffen und das auch mehr als viele andere, mit denen ich darüber spreche. Die meisten von ihnen gehören zu den zwischen 1940 und 1955 Geborenen mit ihren jahrzehntelangen Erfahrungen. Es ist die Generation, darunter sind tausende Sozialdemokraten, die sich engagiert und antiautoritär von ihrer Vorgängergeneration radikal distanziert hat, der Generation der SS-Offiziere und ihrer Mitläufer. Dazu gehört bis heute das Bewusstsein, dass jeder Staat seine Menschen zu gewalttätigen Aggressionen verleiten kann, und dass Menschen auch wieder frei und friedfertig werden können. Das galt für Deutschland, das gilt auch für Russland.”
Von diesem Mann habe ich nie erlebt, dass er talkshowkompatiblen Lärm um sich selbst macht, wenngleich ihm die Politikerkrankheit Eitelkeit nicht fremd ist. Sie gehört(e) zur Amtsausstattung jedes erfolgreichen Profis. In diesem Fall wünsche ich ihm den politischen Erfolg besonders, denn lesen Sie mal hier
René Martens/MDR-Altpapier: “Kann Empörung über Milliardäre produktiv sein? – Am Mittwochabend zeigt die ARD einen der derzeit wichtigsten Dokumentarfilme. Manche Äußerungen zu Fotos hungernder Kinder in Gaza erinnern an finstere Corona-Debatten.”
oder hier
Bernard Schmid/telepolis: “Frankreich: Macrons Kampf gegen den islamistischen Entrismus – Gesetzesverschärfung gegen islamistischen Extremismus soll das Einfrieren von Geldern auch ohne Straftat ermöglichen. Analyse und Hintergründe.” Der tiefere Sinn der Aufteilung dieser wichtigen Analyse in zwei Teile bleibt ein Betriebsgeheimnis der clickbaitingbedürftigen Redaktion.
Ganz zu schweigen von Charlotte Wiedemann/taz, der in meinen Augen gegenwärtig besten Essayistin unserer Zeit und Sprache. Ihre jüngste taz-Kolumne ist schon einen Monat alt. Ich hatte sie wg. Herzinfarkt-Reha verpasst. Leider ist seitdem keine Silbe veraltet, und erscheint hier gleich diesem Text folgend auf der Startseite. Ergänzend dazu nehmen Sie die Buchrezension von
Jutta Roitsch/bruchstuecke: “Welch ein Mut in Zeiten brutaler Gewalt – ‘Freiheit wäre, nicht zwischen Schwarz und Weiß zu wählen, sondern aus solcher vorgeschriebenen Wahl herauszutreten.’ Mit diesem Satz des deutsch-jüdischen Philosophen Theodor W. Adorno, geschrieben im kalifornischen Exil, publiziert in den Minima Moralia, wendet sich der 1954 in Zürich geborene israelische Wissenschaftler José Brunner an seine Leserinnen und Leser. ‘Brutale Nachbarn. Wie Emotionen den Nahostkonflikt antreiben – und entschärfen können’ ist der Titel seines Buches, das jetzt in Deutsch und bisher nur in Deutsch erschienen ist.”
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