Eine Marketingaktion der notleidenden Lokalpresse, die um ihre Relevanz kämpfen muss. Das ist die Wahlumfrage von Forsa, in die die Verlagsgruppe der Rheinischen Post investiert hat. Forsa wiederum bringt sich mit Wahlumfragen als Marktforscher ins Gespräch. Ist es auch ein Versuch die Wahl zu beeinflussen? Ja klar, ist es immer. Weniger gesichert ist, ob solche Versuche auch gelingen.

So hörte ich gestern aus eingeweihten Kreisen, dass der rechtstickende “Bürgerbund”, das sind die, denen es nicht genug Autospuren geben kann, “auf keinen Fall” den CDU-Kandidaten Guido Deus als OB gewählt sehen wolle. Aber was interessiert das seine Wähler*innen? Er kennt sie nicht persönlich. Und mutmasslich interessiert es die auch überhaupt nicht. Die Wähler*innen wählen in der Regel, wie sie wollen. Und nicht, wie Andere es wollen.

So nützt also alle Kopfrechenkunst überhaupt nichts. Wer mag ans Telefon gegangen sein, als Forsa anrief? Ich lege immer sofort auf, weil ich mir meine Zeit nicht stehlen lassen will. Sie wird sowieso immer knapper. Gewählt habe ich schon vor Wochen. Aber wer wählt überhaupt? Wer interessiert sich ernsthaft für Kommunalpolitik? Wer kennt die OB-Kandidat*inn*en persönlich? Je mehr es sind, umso verheerender wäre es für Deus. Meine These ist jedoch: die Mehrheit liest nicht nur keine Zeitung. Sie wollen es auch gar nicht wissen. Sie hat andere Probleme als die Einzelhandels- und die Autolobby.

Wenn Letztere ihre Leute an die Urne bringen, die Anderen aber nicht – dann bekommen wir auch die Stadtentwicklung, die wir dann nicht besser verdienen.

Andererseits: dem Gejammere, Dörner habe “keine Chance”, ist jede Grundlage entzogen. Das kommt von denen, die zu viel schlechte Medien konsumieren. Halten Sie lieber Diät. Sprechen Sie mehr mit echten Menschen, statt mit asozialen Medien. Das fördert Erkenntnis. Umfragen dieser Art geben den auftraggebenden Medien und Parteien eine diffuse Ahnung, was auf sie zukommt. Eine Vorhersage sind sie nie. Sonst könnten Wahlen ja wieder abgeschafft werden.

“Normal” wäre ein klarer Sieg der Ratskoalition mit verschobenen Kräfteverhältnissen. Bei der besch…….eidenen Bundestagswahl summierte sie sich auf sichere 54%. Denkbar ist freilich, dass eine demontierte SPD sich nach rechts wenden kann, wie in Berlin. Das wäre zwar schlecht beraten. Aber so kennen wir sie. Die SPD will keine Zukunft. Eine OB Katja Dörner wäre dann ohne sichere Mehrheit im Stadtrat.

Das muss nicht der schlimmste Fall sein. In Kommunen sind feste Koalitionen oder gar derartige Verträge unüblich. Zur OB versichere ich Ihnen: die ist so clever, dass sie diese Herausforderung stärker macht.

Über Martin Böttger:

Avatar-FotoMartin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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