Wie historische Verantwortung, strategische Interessen und Völkerrecht in Einklang gebracht werden können. – Expertenpapier für eine nahostpolitische Wende
Die andauernde umfassende Verwüstung des Gazastreifens und das Aushungern seiner Bevölkerung durch den Staat Israel erfordern dringend ein Handeln seitens der internationalen Gemeinschaft. Diese menschengemachte Katastrophe ist ein Affront gegen die Menschlichkeit und gegen alles, wofür die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union stehen.
Die vage definierte politische Doktrin, die den vordemokratischen Begriff der ‚Staatsraison‘ wiederbelebt hat, hat die Unterstützung für die israelische Regierung über die rechtlichen und moralischen Verpflichtungen Deutschlands, über nationale und europäische Interessen, die Grundrechte der Palästinenser, das Schicksal der israelischen Geiseln und regionale Friedensbemühungen gestellt. Der von der Hamas angeführte Terrorangriff vom 7. Oktober 2023 hätte all denjenigen als Weckruf dienen sollen, die dachten, das Managen des Status quo sei ein tragfähiger Ersatz für eine Konfliktregelung. Die seitdem täglich zu beobachtenden Gräuel zeigen, dass die Priorisierung der kurzfristigen Sicherheit einer Besatzungsmacht auf Kosten eines ernsthaften Engagements für Frieden und die Einhaltung des Völkerrechts weder Frieden noch Sicherheit bringen kann. Israels Zerstörung des Gazastreifens in den vergangenen zwei Jahren hat die Unvereinbarkeit der Doktrin mit dem Grundgesetz sowie Deutschlands weiterer historischen Verantwortung immer deutlicher gemacht. Es ist Zeit für einen Neuanfang.
Dieses Papier präsentiert einen breiten, überparteilichen Konsens unter Nahostsachverständigen und Experten in anderen relevanten Bereichen hinsichtlich der dringenden Notwendigkeit eines neuen Politikansatzes für Deutschland, auch innerhalb der Europäischen Union. Viele der Empfehlungen gelten gleichermaßen für andere Staaten und internationale Akteure. Das Papier ist geleitet von einem festen Bekenntnis zum Völkerrecht und zum Grundgesetz, einem Bewusstsein für historische Verantwortung und tief empfundener Empathie für die unzähligen unschuldigen Opfer der humanitären Katastrophe im Nahen Osten. Dazu gehören Israelis, die am 7. Oktober 2023 von der Hamas und anderen militanten Gruppen getötet, misshandelt und entführt wurden, sowie die große und stetig wachsende Zahl von Palästinensern, die seitdem von Israel getötet, misshandelt und ohne ordentliches Verfahren inhaftiert wurden.
Das inhaltlich aussergewöhnlich ausgearbeitete Dokument behandelt im folgenden Text
1. Völker- und EU-Recht durchsetzen
2. Bei Friedensbemühungen gleiche Rechte und Selbstbestimmung priorisieren
3. Zivilgesellschaftliches Engagement für Frieden und Versöhnung stärken
4. Spoiler effektiv und konsequent entgegentreten
5. Die Vereinten Nationen schützen und Multilateralismus stärken
6. Die Relevanz der EU stärken
7. Verzerrte Narrative korrigieren und einen faktenbasierten Diskurs fördern
8. Umfassende historische Verantwortung übernehmen
9. Konfliktgetriebene Polarisierung ganzheitlich angehen
10. Eine Kultur gemeinsamer humanistischer Werte fördern
Den vollständigen Text (9 Seiten plus 170 Unterzeichner*innen) finden Sie hier.
Ein Mal mehr: Wie gut, dass es den “Extra-Dienst” aus Beuel gibt. Grossen Dank für diese Dokumentation, die von verantwortlichen Redakteuren auf den Titelseiten der meinungsbildenden Blätter in herausgehobenen Meldungen “angerissen” und im Innenteil dokumentiert werden müsste. Das macht deutlich: Es gibt ein intellektuelles Potential, das dem lebensgefährdenden “Weiter so” widerspricht und präzise Vorschläge für die Umkehr unterbreitet, die für die Bewahrung der Existenz der Menschheit unerlässlich ist. Die Regierenden würden sich nicht darauf hinausreden können – wenn es infolge ihrer Ignoranz überhaupt noch Möglichkeiten des Sprechens geben sollte – sie hätten nichts von rettenden Alternativen gehört.