Am Freitag hat das Zentrum für moderne Liberaltität in einer Pressekonferenz für mehr Prekariat geworben. Die Vorsitzende Marie Füx hat mit ihrem Kollegen Rolf Beck und dem Sozialforscher Roland Immermehr von der Ayn-Rand-Universität in Lima über eine neue sinnvolle Ausrichtung der Sozialpolitik informiert. Laut Immermehr ist es bisher noch keiner bekannten Gesellschaft gelungen, ein Prekatiat zu vermeiden. Sein Fazit: wenn es nicht zu vermeiden ist, dann sollte eine verantwortungsvolle Sozialpolitik das Prekariat als wichtige Säule des Sozialsystems fördern. Das Prekariat ist unvermeidlich, also muss es in das Gesamtsystem überführt werden.

Hierzu stellt er unterschiedliche Maßnahmen vor, die innerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten bereits vorhanden sind.

Aus der Sozialwissenschaft ist bekannt, dass sich das Prekariat zunächst in sogenannten “Brennpunkten” etabliert. Um es zu fördern, ist es zunächst hilfreich, die Infratstruktur entsprechender Brennpunkte abzubauen. Laut Professor Immermehr reicht es zunächst, Kindergärten und Schulen zu schließen. Dies kann finanziell begründet werden: Kommunen müssen Prioritäten setzen. Zurückgebliebene Wohnquartiere können nicht gleichberechtigt mit anderen Wohngebieten berücksichtigt werden. Dies sei so Füx bereits jetzt in vielen Kommunen der Fall.

Als weitere Maßnahme sollten auch andere öffentliche Angebote zurückgefahren werden. Hier nennt der Sozialwissenschaftler zuvörderst den Öffentlichen Nahverkehr. Zum einen fühlt sich das Prekariat dadurch berechtigterweise verstärkt abgehängt. Dadurch verfestigt sich eine Identität der “Abgehängten”. Dies kann zu einer sinnvollen Bewußtseinsbildung beitragen.

Zum anderen bleibt das Prekatriat zunehmend unter sich. Es fühlt sich isoliert und wird kaum zu übergeordneten Störungen der Gesamtgesellschaft beitragen. Die vermeintliche Schwäche bleibt ohne eine große Soidarisierung gegen die bestehende Ordnung.

Mit dem Abbau öffentlicher Daseinsvorsorge werden erfahrungsgemäß auch weitere Angebote reduziert. Laut Professor Immermehr reduzieren sich folgerichtig auch Angobte zur Nah- oder ärztlicher Versorgung. Dies ist insoweit sinnvoll, als diese Angebote sich dann in profitableren Bereichen des Landes konzentrieren. Dort werden sie dann für eine kaufkrätige Bevölkerung vorgehalten. So ergibt sich kein Verlust für die Volkswirtschaft.

Rolf Füx weist auf einen wesentlichen Beitrag der Prekariatsförderung hin: mit dem Hinweis auf mögliches Prekariat für die unteren Einkommensschichten verstärkt sich ein Bewußtsein für einen möglichen Abstieg in ebendieses Prekariat. So gibt es Bevölkerungsteile, die ein mögliches Prekariat fürchten. Diese Bevölkerungsgruppe wird sich absehbar mit Einschränkungen ihrer Bedürfnisse abfinden. Dadurch werden unerfüllbare Forderungen an den Staat beschränkt. Das befreit den Staat von unberechtigten Forderungen nach “sozialer Gerechtigkeit”. Und damit erhält der Staat seine Handlungsfähigkeit.

Auf Nachfrage konnte Professor Immermehr einen sinnvollen Anteil des Prekariats an der Gesamtbevölkerung nicht benennen. Seine vorsichtige Angabe lag zunächst bei 5%. Aber die Gesellschaft für liberale Modernität forsche weiter. In diversen Hochkulturen könnte diese Quote noch nicht genau bestimmt werden. Aus seiner Sicht wäre aber ein Anteil von 10% der Wohnbevölkerung im Prekariat kein Problem.

Insgesamt betonten die Vorsitzenden des Zentrums moderne Liberatliät, dass die derzeitige Politik der Bundesregierung sich “auf dem richtigen Weg” befinde um eine gesunde gesellschaftliche Mischung aus Leistungsträgern und Prekariat herzustellen.

Über Petra Lustig:

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