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Trumps Diktatfrieden

Die Ukraine soll, wenn es nach Donald Trump geht, einem Diktatfrieden zustimmen, der einer Kapitulation vor dem Aggressor Russland gleichkommt. Der “Deal” des immobilienhändlers Steve Witkoff verdealt die von Russland beanspruchten Gebiete Donezk und Luchansk, die von Russland teilweise besetzten Provinzen in vorauseilendem Gehorsam vor Putin. Ihre Armee soll entwaffnet, halbiert und domestiziert werden, die Reichweite ihrer Waffen limitiert und eine NATO-Mitgliedschaft untersagt werden. Eine Mitgliedschaft der EU, wie gütig,  aber gestattet.

Zu den politischen Zumutungen gehören neben der Regelung russischsprachiger Schulen sogenannte überhaupt nicht verifizierbare “Sicherheitsgarantien” der USA. Das Ergebnis dieses “28-Punkte-Plans”, soweit bekannt, ist für die Ukraine eine Zumutung.  Er gleicht einem Verrat der USA an demokratischen Werten und dem Kampf einer von den USA erst  jahrelang instrumentalisierten und letztlich im Stich gelassenen Nation. Wenn der Kommentator des “Kölner Stadtanzeiger” angesichts dessen zum Schluss kommt, dass Europa militärisch souverän werden muss, hat er insoweit recht. Aber seine Behauptung, dass “Putin für den großen Krieg rüstet”, ist ideologisch blinde Spekulation. Denn ein Feindbild Putin erklärt noch nicht, warum Trump einen derart infamen Vorschlag macht.

Trump setzt Selenskij das Messer an den Hals

Sein “Friedensplan” ist so übel, dass Trump wissen muss, dass Europa und Selenskij diese Unterwerfungserklärung ablehnen müssen. Trump braucht das, um sagen zu können: “Dann führt doch Euren Krieg alleine, Waffen könnt Ihr bei mir kaufen”. Wolodomyr Selenskij hat das gemerkt, deshalb schlägt er – nicht zuletzt aufgrund seiner Erfahrung mit der öffentlichen Demütigung durch den US-Präsidenten im Februar – vor, den “Vorschlag” sorgfältig zu prüfen. Denn vor Winterbeginn steht die Ukraine ohne US-Unterstützung durch Waffenlieferungen und vor allem der Daten des US-Satellitensystems Starlink auf verlorenem Posten.

“Brüderliche Hilfe” unter Demokratiefeinden

Menschen, die vor 1960 geboren sind und in den 70er Jahren “Ostkontakte” hatten, oder Politikwissenschaftler:innen wissen, dass die Interventionen der UdSSR gegen Menschen- und Freiheitsrechte in Ungarn, der Tschechoslowakei und Afghanistan als “brüderliche Hilfe” unter Genossen verbrämt wurden. Dieses Selbstverständnis scheint Donald Trump und Wladimir Putin innigst zu verbinden. Kein Wunder, verfolgen doch beide dieselben Ziele der Transformation einer demokratisch-kapitalistischen Gesellschaft in eine autoritär-oligarchische Diktatur. Noch ist dieser Weg in den USA nicht vollendet, aber die europäischen Staaten weigern sich bisher, hinzusehen, und den rosa Elefanten im Raum zu erkennen.

Trump ist kein Friedensengel, sondern Putins Bruder im Geist

Nein, die USA sind noch nicht von Faschisten überwältigt und Trumps MAGA-Ideologie beherrscht noch nicht das Land, sondern nur die Republikanische Partei. Insofern ist die Frage, ob die USA künftig auf Seiten der Demokratie stehen, offen. Aber bezüglich der Trump-Regierung ist diese Frage klar und müsste dringend ausgesprochen werden.

Trump braucht den Ukrainekrieg, um Europa zu schaden

Trump braucht diesen Krieg, um Europa weiterhin ökonomisch und mit Zöllen zu erpressen. Solange dieser Krieg tobt, kann sich Europa keinen Wirtschaftskrieg mit den USA leisten, kann nicht mit anderen Akteuren, z.B. China oder anderen BRICS-Staaten ökonomisch kooperieren. Das ist für die USA vorteilhaft, weil sie so unbeschränkten Einfluss auf die Golfstaaten haben, sogar Indien beeinflussen, wie derzeit auf der Umweltkonferenz in Brasilien deutlich wird, und Europa domestizieren. Denn Trump wird trotz aller öffentlichen Gesundbeterei erleben müssen, dass seine Wirtschaftspolitik der Zölle und des Protektionismus, des Freibriefs für ökologische Zerstörung, keine Arbeitsplätze schafft, die Reichen immer reicher, aber die Wählerinnen und Wähler nicht langfristig gegen ihre eigenen Interessen handeln lassen wird.

Peter Thiel, Elon Musk und Tech-Oligarchen penetrieren Europa

Schlimmer noch: Trump und seine Tech-Faschisten Thiel, Musk + Co. werden weiter mit Algorithmen a la Cambridge Analytica in (a)sozialen Netzwerken daran arbeiten, neben Meloni und Orban in Europa Nigel Farage, Marine Le Pen, und der AfD an die Macht zu verhelfen. Und die ist zu borniert, um sich zu wehren. Stattdessen schwächt die EU-Kommission derzeit die DSGVO und den AI-Act, wesentliche rechtliche Standards von Weltbedeutung und Barrieren gegen die Tech-Faschisten, entscheidend ab. Friedrich Merz, der (Daten-)Bürgerrechtsschutz als Bürokratie diffamiert und mit Hilfe der SPD massiv abbauen will, begreift das alles nicht. Und diejenigen Bundesländer, die in Sicherheitsbehörden Peter Thiels “Palantir” verwenden, sind so dumm und naiv, den Demokratiefeinden aus USA Staat und elektronische Medien freiwillig Tür und Tor zu öffnen.

 

Über Roland Appel:

Avatar-FotoRoland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

2 Kommentare

  1. Avatar-Foto
    w.nissing

    okay, lassen wir den Eischnee (politischen Zumutungen der russischen Sprache) mal beiseite….. hatte die Tage ein Telefonat mit einem Bayern und da habe ich mir da auch sowas gewünscht 🙂 und den ein oder anderen Gedankengang mal beiseite….
    interessant fand ich diesen kleinen Podcast : https://uncutnews.ch/us-imperialismus-tarnt-sich-als-friedensstifter/

    erhelende 30min

  2. Avatar-Foto
    TWinker

    Frieden hat einen Preis, und der ist allemal niedriger als weiter Krieg zu führen. Die Welt hat wichtigere Probleme. Beide Seiten haben “Kröten” zu schlucken. Krim, Donezk und Luhansk waren schon vorher “weg”; Cherson, Saporoschje werden geteilt.

    Aber in einem Punkt haben Sie haben Recht: der “Dealmaker” verschafft den USA Vorteile und sichert sich umfassend Gewinne: “Punkt 14: 100 Milliarden US-Dollar des beschlagnahmten russischen Staatsvermögens fließen in von den USA angeführte Bemühungen für Wiederaufbau und Investitionen in der Ukraine. Die USA erhalten 50 Prozent möglicher Gewinne. Die EU steuert 100 Milliarden US-Dollar zum Wiederaufbau bei und gibt beschlagnahmtes russisches Vermögen wieder frei. Das restliche russische Vermögen soll in gemeinsame Investitionen und Projekte mit den USA fließen, die als Anreiz dafür dienen, den Konflikt nicht aufs Neue anzufachen.” Das sollte die EU nicht hinnehmen.

    Der Kriegsgrund NATO-Beitritt wird dauerhaft aus der Welt geschafft. Ein EU-Beitritt der Ukraine ist möglich. Die russischen Forderungen werden erfüllt. Bei genauer Betrachtung hat sich in dieser Hinsicht seit 2022 auch nichts geändert. Allem hätte man auch schon vorher zustimmen können. Konnte man nicht. Man wollte unbedingt das eigene Gesicht wahren.

    M.M.n. sollten beide Seiten zustimmen.

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