Jund, mutig, vielfältig — Sechs junge Mitglieder erzählen, was sie bewegt, was sie überrascht hat – und wie es sich anfühlt, plötzlich mittendrin zu sein statt nur nebenher zu scrollen.
Fast jedes zweite neue Mitglied ist heute unter 35. Die „Neuen“ bringen frische Perspektiven und neue Formen des Aktivismus mit – von Meme-Kampagnen, bis Reddit-Vernetzung und Boots-Protesten. Sie kamen aus Wut, Neugier oder Solidarität – und sind geblieben. Sechs junge Mitglieder erzählen, was sie bewegt, was sie überrascht hat – und wie es sich anfühlt, plötzlich mittendrin zu sein statt nur nebenher zu scrollen
Mareike (34), Zollabteilung von DHL Express bei DHL Hub Leipzig
Ich arbeite im DHL-Hub Leipzig, also in diesem riesigen Drehkreuz, wo 24 Stunden am Tag alle Pakete reinkommen, die dann auf Europa verteilt werden.
Vor DHL hatte ich einen kurzen Studentenjob bei Amazon – im Weihnachtsgeschäft. Da wusste ich noch nichts über die schlechten Arbeitsbedingungen. Wir Studis sind da echt an den Gewerkschafter*innen vorbeigelaufen, die vor den Werkstoren gestreikt haben, rein in die Arbeitsstätte. Erst heute verstehe ich, dass wir im Grunde eingesetzt wurden als Art Streikbrecher, ohne es zu wissen. Im Nachhinein war das sozusagen mein erster Berührungspunkt mit der Gewerkschaft.
“Auf Arbeit bin ich, um Geld zu verdienen – in der Gewerkschaft, weil ich wirklich etwas bewegen kann.”
Mitglied wurde ich selbst erst während Corona, als ich bei DHL gearbeitet habe. Wir hatten eine Townhall. Da wollte unser Manager plötzlich, dass wir wieder ins Büro kommen – obwohl das überhaupt keinen Sinn ergab. Ich habe zu Hause zwei ältere Menschen und hatte einfach Angst, sie anzustecken. Es hat mich so aufgeregt, dass ich dachte: Jetzt muss ich aktiv werden. Ein Kollege meinte dann: “Ich bin in der Gewerkschaft, ich kann dir direkt den Mitgliedsantrag besorgen.” Den habe ich ausgefüllt, und seitdem bin ich dabei.
Zuerst habe ich das nur halb verfolgt – über die Mitgliederzeitung publik – aber so richtig aktiv wurde ich erst mit der aktuellen Tarifrunde. Die vorigen Runden liefen eigentlich okay, aber diesmal war es anders. Wir hatten ein achtköpfiges Unterstützerteam von ver.di vor Ort das uns aktiv eingebunden hat: Rückkopplungen, Befragungen, echte Mitsprache. Plötzlich ging’s nicht mehr darum, dass “die Gewerkschaft” was macht, sondern es ging um eine echte Beteiligung.
Was mich heute in der Gewerkschaft hält – unabhängig vom Rechtsschutz oder den Tarifrunden, ist das Ehrenamt als Vertrauensfrau, das direkt mein Leben und das meiner Kolleg*innen beeinflusst. Auf Arbeit bin ich, um Geld zu verdienen – in der Gewerkschaft, weil ich wirklich etwas bewegen kann. Die vielen Gespräche, das Zuhören bei Streiks – das verbindet. Man merkt: Ich bin mit meinen Problemen nicht allein.
Dieser Beitrag von Protokollantin Rita Schuhmacher ist eine Übernahme aus ver.di-publik, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

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