Wenn Sie meinen, dass im Fussball Tore und – daraus resultierende – Punkte entscheiden, “entscheidend is’ auf’m Platz”, dann. sind Sie sehr, sehr alt. Ungefähr so alt wie ich. Ihnen muss ich mitteilen: schön wärs. Wir können froh sein, wenn es nicht immer so ausgeht, wie erwartet. Die Momente, in denen es nicht so ist, sind für die Fans heute die seltenen Momente tief empfundenen Glücks. Denn meistens, seien wir ehrlich, siegt im Profifussball der Herren wie im Rest der Gesellschaft das Kapital.
Wie jüngst ein Jacobin-Autor unschön erklärte, ist sich das Kapital oft uneinig, ja sogar zerstritten – ganz wie die politischen Parteien (und innen in ihnen).
Die Grossmächte des Profifussballs der Herren sind die Mafiafamilien Fifa und Uefa. Ihre Haupteinnahmen sind die Zahlungen der Oligarchenfamilien, denen ein relevanter Medienkonzern mit teuer bezahlter Streamingplattform gehört. Dummerweise ist auf diesem “Markt” derzeit das Investitionsparadies abgelöst worden von der “Konsolidierungsphase”. D.h. die Investor*inn*en haben mittlerweile gemerkt, dass die Profitmilch und der Renditehonig doch nicht so fliessen, wie es ihnen windige Berater*innen versprochen haben. In den Medienkonzernen wird das Problem durch das Rausschmeissen von Beschäftigten und defensiveres Einkaufen gelöst. Aber was sollen die Mafiosi von Fifa und Uefa jetzt machen?
Sie versuchen noch mehr Spiele anzubieten, um wenigstens den gleichen Umsatz zu erzielen. Jedes Spiel wird dadurch billiger. Die Uefa hat ihre Champions League kräftig aufgeblasen, eine Tabelle von 1 bis 36, deren System nun schon seit Wochen umfangreich von eingebetteten Sportmedien erklärt, aber nur von ganz Wenigen verstanden wird. Nur so viel: Tabellenführer ist derzeit die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA, in der deutschen Bundesliga nur Tabellenfünfter, mit 4 Toren Vorsprung, weil dieses Supertalent in der Champions League völlig frei von Motivationsproblemen ist.
Die Fifa ihrerseits will die vier Jahre zwischen ihren WMs nicht mehr zusehen, wie die Uefa sich mit Champions League, EM und Nations League die Konten vollspült, und hatte auch eine, wie ihr Capo Infantino meint, gute Idee: eine Club-WM. Bisher wurde jährlich ein recht unbeachtetes Turnier zwischen den Kontinentalsiegern in der Winterpause der Nordhalbkugel ausgespielt. Nun soll es ein fettes 4-Wochen-Turnier mit 32 Teilnehmern werden – zur Biergartensaison der kaufkräftigen Nordhalbkugel. Und wo ist die meiste Kaufkraft der Welt? Richtig!
Dumm nur, dass es 9 Monate vor Turnierbeginn noch genauso wenig einen Medienrechtedeal dafür gibt, wir für die krisengeschüttelte Deutsche Fussball-Liga DFL), die jüngst genötigt wurde, ihr Ausschreibungsverfahren für das wichtigste Rechtepaket der kommenden Saison neu zu starten. Wie Arne Lichtenberg im oben verlinkten DLF-Text berichtet, habe Apple “nur” eine Milliarde geboten, Infantino wolle aber vier haben. Wer will sich da schon in der Mitte einigen? Infantino muss in seinem Weltverband viele hungrige Mäuler stopfen, um sich seine Mehrheiten zu sichern. Darum kriecht er so gerne unter die wärmenden Flügel von Despoten, die vor Geld kaum laufen können.
Der Fernseh-Profifussball der Herren weiss imgrunde seit der Coronapandemie, in der er in Deutschland eine geradezu gespenstische Rolle gespielt hat, dass seine – nach Kapitalwert betrachtet – besten Zeiten vorbei sind. Er wird sich in der nahen Zukunft entscheiden müssen zwischen den Despoten und Oligarchen dieser Welt – und den Fans. Auch den bei ihm eingebetteten Medien ist das zu empfehlen, mindestens den öffentlichen.
Wie würden Sie entscheiden?
Die Fans erfreuen sich an schönen Augenblicks-Details, z.B. dass der RB-Konzern in der Champions League in bisher vier Spielen 0 Punkte einfuhr (Tabellenplätze 29 und 34) – mann gönnt sich ja sonst nichts.
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