Der deutsch-iranische Aktivist Jamshid Sharmahd ist tot. Hingerichtet vom Mullah-Regime in Theheran nach einem Schauprozess, in dem er als angeblicher Spion verurteilt wurde. Der iranische Geschäftsträger in Berlin wurde ins Auswärtige Amt einbestellt und, so hieß es in der Hauptstadtpresse, parallel dazu habe auch der deutsche Botschafter beim iranischen Außenminister in Teheran gegen die Ermordung protestiert. Außenministerin Baerbock habe den deutschen Botschafter zu Konsultationen nach Berlin zurückberufen. Soweit die menschenrechtliche und feministische Aussenpolitik Annalena Baerbocks.
Kritische Beobachter fragen sich, was das Auswärtige Amt eigentlich unternommen hat, um Jamshid Sharmahd frei zu bekommen. Dass er akut gefährdet war, stand nach der Anklage und dem unmenschlichen, aber auch angesichts der “Beweise” unsäglichen Urteil fest. Dass Despotenregime, insbesondere der Iran, solche Urteile fällen, ist nicht neu. Je substanzloser und weiter hergeholt die Vorwürfe sind, desto eher, so die diplomatische Grundregel, geht es nicht um den angeblichen Täter, sondern darum, dass der Iran einen Deal – über was auch immer – eingehen würde. Dass der Betroffene zur Geisel genommen wird, um ein wie auch immer geartetes Verhandlungsziel zu erreichen, liegt meistens auf der Hand. Es ist die vornehmste Pflicht jeder (Geheim-)Diplomatie – deshalb heißt die so – sensibel und diskret zu ergründen, was der “Preis” eines solchen Lebens ist und dann abzuwägen, wie ein diplomatischer Kuhhandel aussehen könnte, der es ermöglicht, das Leben des Betroffenen zu retten. Hans-Dietrich Genscher, Klaus Kinkel und Joschka Fischer, ja selbst Guido Westerwelle, waren sich dieser Mittel bewusst und wendeten sie an, um Leben zu retten. Genscher rettete selbst nach seiner aktiven Zeit noch den russischen Dissidenten Chodorkowski vor Putin – so gut war er vernetzt und konnte diplomatische Strippen ziehen.
Was hat das Auswärtige Amt aktiv getan?
Aber was hat das Auswärtige Amt im Vorfeld der Hinrichtung Sharmahds getan, um diese zu verhindern? Hat die Außenministerin den Fall aufgegriffen und unter vier Augen mit ihrem Kollegen besprochen? Einem Aussenminister, der wegen der Unerstützung Russlands mit Drohnen gegen die Ukraine, wegen der Überfälle und Raketen auf Israel keine so guten Karten hat? Hat das AA jemals herausbekommen, welchen Preis das durch und durch korrupte Regime verlangte, um eine weltpolitisch unbedeutetende, zur Geisel der Politik gemachte Person auszutauschen? War es eine Fehleinschätzung oder mangelndes Engagement, denen Sharmadh zum Opfer fiel? Das bedarf der dringenden Aufklärung!
Die fragwürdige Rolle des Friedrich Merz
Eine Besonderheit dieses tragischen Geschehens ist die Rolle von Friedrich Merz. Der ist schon vor Monaten als eine Art “Pate” eines Teils der Angehörigen aufgetreten und hat sich angeblich für Herrn Sharmahd stark gemacht. Nach der Hinrichtiung ist Merz wiederum vor die Presse getreten und hat Forderungen nach Abberufung und Ausweisung des iranischen Botschafters aufgestellt. Was sind die Hintergründe, dieses von der Familie auch öffentlich zelebrierten Coups mit einem Oppositionsführer, der in der Sache – im Gegensatz zum Auswärtigen Amt – keinerlei offizielle oder diplomatische Rolle spielen kann. Die Frage, wer hier wen instrumentalisiert und ggf. der verzweifelten Familie mehr Möglichkeiten vorgespiegelt hat, als sie ein Oppositionsführer im Bundestag gegenüber fremden Staaten hat – nämlich gar keine – bedarf gleichermaßen der Untersuchung.
Versagen ist Fakt – Verantwortliche identifizieren!
In einer Bundesrepublik Deutschland der 70er Jahre, als es noch unabhängigen Journalismus mit der Möglichkeit und Zeit zur Recherche gab, wären fünf bis sieben Mitglieder der Bundespressekonferenz damit beschäftigt, diese Hintergründe aufzuklären. 2024 muss die Skepsis überwiegen, dass alles, ja wirklich alles an Hintergründen zu dieser Geiselaffäre mit fürchterlichem Ergebnis des Staatsmordes an einem offensichtlich politisch verfolgten, unschuldigen deutschen Staatsbürger im Iran im Dunkel der Unterlassungen, falschen Entscheidungen, und undurchsichtigen Zuständigkeiten der Regierung und des Oppositionsführers und seiner mutmaßlich falschen Versprechungen aufgeklärt wird. Ein Untersuchungsausschuß wäre angebracht. Wer ihn aber beantragen könnte, ist unklar.
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