Nein, es war nicht Schwarzfahren.
Früher war das Diebes- und Überfallhandwerk noch aufwendig und anstrengend. Man benötigte ein Pferd, flexible Bewaffnung und einen sehr ertüchtigten Körper, um eine Kutsche oder einen Zug auszurauben. Das ist heute streng modernisiert: die Mobilitätsunternehmen erledigen den Job direkt selbst.
Ich besuchte gestern eine Geburtstagsfeier in Düsseldorf. Vor der Abreise zog ich mir Geld bei meiner Bank. Am Hbf. war es etwas knapp. Ich hatte am Fahrkartenautomaten, immerhin war einer frei, nur 5 Minuten bis zur Zugabfahrt. City- oder NRW-Tarif für die U-Bahn in D’dorf wurde mir leider nicht angeboten. Der Trick der Dienstleistungsunternehmen: der Kunde macht die Arbeit selbst. Geld ziehen, Fahrkarte ausstellen, Orientierung behalten. Meine Fahrkarte kam für Hin- und Rückfahrt bei über 30 Euro aus. Ich ging von Korrektheit aus.
In Düsseldorf zog ich Extrafahrkarten für die U-Bahn. Ein weiser Entschluss. Denn auf der Rückfahrt von der Geburtstagsfeier begegnete ich einer Kontrolleursbrigade. Am Bahnsteig 15/16 erwartete ich dann den Zugverkehr Richtung Köln/Bonn. Und tatsächlich: anders als voriges Wochenende, als mein mässig gefüllter ICE samstagsabends allein zwischen Dortmund und Köln 30 Minuten Verspätung herausfuhr, fuhr gestern abend alles pünktlich. Ich bestieg einen ICE und erhoffte mir in Köln gelingenden Anschluss zur Weiterfahrt nach Bonn.
Die Schaffnerin vertrat dann allerdings die Ansicht, dass meine Fahrkarte “in diesem Zug” leider überhaupt nicht gültig sei. Bei der vergeblichen Suche nach City- oder NRW-plus hatte ich aus Versehen einen Sparpreis angeklickt. Sparpreis? 5 Minuten vor Abfahrt? Über 30 Euro mit Bahncard 50? Da muss man erst mal drauf kommen. Der Stein um den Hals ist die Zugbindung, einseitige Fesselung des Fahrgastes durch die DB, keinesfalls umgekehrt. Ich hätte in dem Zug 20 Minuten zuvor fahren müssen. Ja, den hatte ich im Internetangebot auch gesehen, im D’dorfer Hbf. am Aushangfahrplan mit meiner Sehbehinderung aber nicht entdecken können. Schade eigentlich. So hatte ich 16,25 Euro nachzuzahlen, mit meiner Bahncard 50. Ohne wären es also 33 Euro gewesen. Also 66 Mark. Für eine, nun ja, Nahverkehrsdistanz.
Eine Bundestagsabgeordnete, mit der ich bis heute befreundet bin, hatte es in ihrem vorigem, ihrem Angestelltenleben zur Perfektion gebracht, sich an der Hotline der DB zu beschweren, und, um befriedet zu werden, Reisegutscheine zu erstreiten. Bisweilen ist mir das auch schon gelungen.
Aber meine Wut ist jetzt, nach einmal schlafen, immer noch so groß, dass es schmerzhafter für die DB ist, wenn es öffentlich nachlesbar ist.
Meine Bahncard 50 habe ich gekündigt, schon um das Abo nicht in nutzungsfreien Zeiten durchbezahlen zu müssen.
Im Gedenken an die Luftverkehrskauffrau Anna Brunotte, die dieses Preissystem mit “500 Mitarbeitern” in den Jahren 2002/2003 entwickelt haben soll.
Und für die Jüngeren: es gab mal eine Zeit, in der konnte man beliebig in einen Zug einsteigen, und für eine geringe Zusatzgebühr von 3 Mark eine Fahrkarte beim Schaffner kaufen. Früher war nicht alles besser, vieles nicht, aber es war schön, das erlebt zu haben.
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