Der EU-Gipfel von Bratislava hat laut Pressekonferenz angeblich wichtige Fortschritte für die EU gebracht. Die Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei mit Zäunen und Mauern zu sichern, neue Grenzschutzmaßnahmen zu treffen, die sich “an der Grenze der USA zu Mexiko orientieren” meldete der Deutschlandfunk. Na denn – das heisst fünf meter hohe Mauern, die dort schon seit Anfang der neunziger Jahre stehen. Grenzpatrouillen mit scharfen Hunden, Infrarotübewachung und bewaffneten Grenztruppen. Dazu eine Verstärkung der maritimen Kräfte, die Flüchtlinge im Mittelmeer abfangen sollen. Die Verstärkung des Strukturfonds, die Errichtung einer Europäischen Militärzentrale, um gemeinsam in Zukunft schöner Kriege führen zu können und ein ziemlich bescheidener Beschluss zur Entwicklungshilfe für Afrika. Dazu das aggresive, unchristliche Gekeife des Ungarn Viktor Orban, der jede Flüchtlingsverteilung in Europa im Nachhinein stoppen will.

Zur gleichen Zeit findet im Bautzen eine “Schlacht” zwischen 15-20 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und etwa 80 Neonazis statt. In den Medien wurden dann vermieden, Betrunkene Neonazis betrunkene Neonazis zu nennen und der örtliche Polizeichef verstieg sich zur Behauptung, die jugendlichen Flüchtlinge hätten die “szenetypisch vorgewärmten” also besoffenen Nazis angegriffen. Frauke Petry möchte dazu den Begriff “Völkisch” der NSDAP neu besetzen. Wo bitte und in welchem Zeitalter befinden wir uns eigentlich?

Konrad Adenauer, Charles de Gaulle, Robert Schuman und Jean Monet würden sich im Grab herumdrehen, hätten sie die heutige Pressekonferenz der EU-Staatschefs im Fernsehen verfolgen können. Die weitere Abschottung der “Festung Europa” und eine militärische Aufrüstung – wenn das der verbliebene gemeinsame Nenner dieser Europäischen Union sein soll, dann wird es Zeit, solche Ereignisse lieber abzusagen, bis die Zeit reif ist, wirkliche Fortschritte zu beschließen und zu verkünden. Es ist tragisch, dass ein Europa, dass sich nach den Millionen Toten des zweiten Weltkrieges die Aussöhnung, den Frieden, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben und einen gemeinsamen Markt und eine gemeinsame Währung geschaffen hat, von nationalistischen Idioten mit Füßen getreten und ins Gegenteil verkehrt wird.

 

 

 

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net