Im heutigen Spiel zwischen dem BVB und Real Madrid traten die aktuellen fußballerischen Kräfteverhältnisse in Europa gut sichtbar zutage. Das 2:2 in Dortmund bedeutet Vorteil Real, das in Punkte Reife und Coolness klare Vorteile und sich defensiv stark verbessert zeigte. Der BVB zeigte Potentiale, die er noch nicht 100%ig ausschöpft.

In der 1. Halbzeit hätte sich der BVB einen klaren Vorsprung erspielen können. Das hat man auch in der Klopp-Ära oft erlebt: es werden Chancen erarbeitet aber schwach verwertet. Immerhin wurde kein überschüssiger Respekt gezeigt. Andererseits: das 0:1 durch Real fiel fast zwingend, weil sie auf ihrer rechten Angriffsseite eine personelle 3:2-Überlegenheit herstellten – Weltklassespieler machen daraus zwingend ein Tor; und so geschah es. Der 1:1-Ausgleich war ein Geschenk von Real-Torhüter Navas: der Wackelball, der auf ihn zuflog, war nicht festhaltbar, die Entscheidung zu fausten war richtig, aber, das ist ein Muss, er muss zur Seite fausten und nicht nach vorne. Entsprechend ärgerte er sich über sich selbst. Und machte den Fehler im weiteren Spielverlauf durch zahlreiche starke Paraden wieder gut.

In der 2. Halbzeit war eine klare spielerische Überlegenheit der Madrilenen zu erkennen. Modric und Kroos avancierten zu den Herrschern des Mittelfeldes. Bemerkenswerter aber war für mich, dass Trainer Zidane die Abwehrarbeit seines Teams deutlich verbessert hat. Sein Landsmann Varane als Vertretung für Pepe, auf dem Papier eine Schwächung, im wahren Spiel eine Stärkung. Der kämpferisch wilde aber undisziplinierte Marcelo fehlte ebenfalls zum Vorteil von Reals Abwehrstärke. Sergio Ramos, so unsympathisch er mir ist, ist hinten jetzt klar der Boss, was mglw. Hierarchieprobleme an dieser Stelle vermindert. Unter diesen Vorzeichen war das 1:2 für Real fast zwingend und schien das Spiel zu entscheiden.

Glücklich, wer in dieser Situation eine Bank hat wie der BVB. Von der kam der gerade 18-jährige Pulisic, der in idealer Weise Technik, Grundschnelligkeit und Kampfgeist in sich vereinigt, und ein Routinier wie Andre Schürrle, der einen Ball auch mal richtig perfekt treffen und platzieren kann.

Dembele hat sein Potenzial wieder gezeigt, aber er braucht noch Zeit für Entwicklung. Götze ist immer noch auf dem Weg zu einstiger Stärke und Gedankenschnelligkeit. Letztere hatte ihm Guerrero schon voraus, im Augenblick der am stärksten einschlagende der zahlreichen BVB-Neueinkäufe.

Nach heutigem Leistungsstand ist die Prognose für den BVB: Viertelfinale = die besten 8 in Europa. Für die besten 4 dürfte es noch nicht reichen. Wenn die Gladbacher Borussia morgen gegen Barca annähernd Ähnliches schafft, können wir im Fußballwesten alle glücklich sein.

Und übrigens: als der Gastwirt meiner Fußballkneipe heute fragte, wer – im Rahmen der “deutschen Konferenzschaltung” – Leverkusen sehen wolle, gab es in Beuel/Rheinland 0 Meldungen. Eine gute Wahl. Das nur als Meldung an die Marketingstrategen des Saatgutmonopolisten.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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