Schon vor Monaten hat der Verfassungsschutz NRW einen zweifelhaften Comic der DITIB nahestehenden Moscheen von einseitigen Darstellungen des Putsches und Hexenjagden auf angebliche Anhänger der „Gülen“ Bewegung berichtet. Nun wurde publik, dass DITIB Lehrer bespitzelt, die an NRW-Schulen Islamunterricht geben. Während der Sozialminister nun alles auf den Prüfstand stellen möchte, verhält sich die Schulministerin dazu weitgehend sprachlos. Man erwarte von DITIB, dass sie die Mitgliedschaft in den Gremien, die über Islamunterricht mitberaten, ruhen lasse. Das Dilemma, in dem sich die Landesregierung befindet, ist offenbar: Sie hat jahrzehntelang auf DITIB und andere kemalistische Kräfte gesetzt, die der türkischen Regierung nahe standen. Auch Faruk Sen, langjähriger Leiter des Zentrums für Türkeistudien in Essen, passte in dieses Schema.
Seit aber Erdogan die staatliche Linie von säkularem Kemalismus zu religiöser Autokratie umwandelt, gibt es mit DITIB ein Problem, das manche gerne unter den Teppich kehren möchten. DITIB ist de facto Anhängsel der türkischen Religionsbehörde und steuert viele Religionslehrer fern. Gleichzeitig war DiTIB jahrelang verlässlicher Partner zum Schutz vor Schlimmerem: Islamismus und Haßpredigern. Dieses Dilemma erledigt sich nicht durch Untätigkeit. Offensichtlich gibt es darüber in der Koalition keinen Konsens. Also einigte man sich nach dem alten Grundsatz „Wenn ich nicht mehr weiterweiss, gründ ich nen Arbeitskreis oder vergebe ein Gutachten“. Bildungsministerin Löhrmann und Integrationsminister Schmelzer haben sich offensichtlich auf ein Gutachten geeinigt. Ein Gutachten, dass erst in der zweiten Jahreshälfte vorliegen wird, soll Entlastung schaffen und den Konflikt vertagen. Aber das wird im Wahlkampf nicht funktionieren. Auch hier sind die Grünen gefragt. Und die Sachlage zu erklären, ist nicht ganz einfach.
Rückzug hilft auch nicht
Denn erst die Mitarbeit von Ditib und anderen Islamverbänden in gemeinsamen Arbeitskreisen der Landesregierung hat es überhaupt erst ermöglicht, sich über die Inhalte von Religionsunterricht zu verständigen und Verbände, die Moscheen betreiben in einen integrativen Dialog zu bringen. Und leider hat es da noch ganz andere, als Ditib. Milli Görüs zum Beispiel, rechtsextrem und in Glaubensfragen noch viel schlimmer, als Ditib. In den gemeinsamen Gremien arbeiten sie mit, müssen Rede und Antwort stehen und sich in ihrer Haltung zu Verfassung und Grundrechten rechtfertigen. Schmisse Schulministerin alle raus, bei denen es hier und da Zweifel gibt, ob sie schon im 21. Jahrhundert angekommen sind, dann würden diese sich unter Berufung auf die Religionsfreiheit wieder in ihre Moscheen und Koranschulen zurückziehen. Muslimische Kinder wären nur noch einseitiger religiöser Indoktrination ausgesetzt. Man kann das wollen, aber Integration geht so nicht.
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