Mittwoch vor einer Woche berichtete das NDR-Medienmagazin Zapp über die #metoo-Affäre im WDR. Es war kein feindlicher, es war ein aufklärerischer ordentlich gearbeiteter Beitrag. Dann machte der WDR selbst diesen Beitrag zu einer Affäre. In der Zapp-Redaktion habe man eine E-Mail-Stellungnahme des WDR übersehen/unterschlagen. Der Beitrag wurde einige Tage aus der Mediathek genommen. Jetzt ist er wieder da, mit allen Ergänzungen, die kaum als Korrekturen zu bewerten sind – weil es vorher schon recht korrekt, nur nicht vollständig war.
Der Vorgang zeigt: der WDR-Spitze, die ausdrücklich von Zapp als nicht verantwortlich für die Jahre zurückliegenden Belästigungen, sehr wohl aber verantwortlich für die jetzige Aufklärung, bezeichnet wurde, geht die Muffe. In der Angst, bloss nichts falsch zu machen, reihen sich Fehler aneinander.
Correctiv meldet eine E-Mail aus dem eigenen Haus, in der sich “70” (weitere sollen nachträglich uterzeichnet haben) journalistische Mitarbeiter*innen über die öffentliche Darstellung der senderinternen Aufklärungsbemühungen verärgert zeigen. Einst Kolleg*inn*en, heute Untergebene von Intendant Buhrow und Fernsehdirektor Schönenborn. Ein wildes Knäuel von Karrieren, Konkurrenzen und Abhängigkeiten, ob das gutgeht?
Wahrscheinlich nicht, dachte wohl auch die WDR-Spitze und sucht nach Rettung – wer ist da bloss drauf gekommen? – durch die externe Aufklärerin Monika Wulf-Mathies. Vor über 20 Jahren war sie Gewerkschafterin, erste weibliche Vorsitzende einer mächtigen DGB-Einzelgewerkschaft. Das allein zeugt mindestens von der anzufordernden Qualifikation Durchsetzungskraft. Welche Spuren sie als EU-Kommissarin hinterlassen hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Als Propagandistin für ein “Festspielhaus” in Bonn hat sie zuletzt eine bemerkenswert-erschreckende Weltabgewandtheit öffentlich demonstriert.
Dass ich mir nun noch grössere Sorgen um den WDR mache. Möge eine mir unbekannte Weisheit dafür sorgen, dass Frau Wulf-Mathies kluge Mitarbeiter*innen bei diesem wichtigen Job bekommt. Der WDR steht in dieser Affäre als Repräsentant – und nicht nur als Nischensender, wie der Saarländische – des öffentlich-rechtlichen Systems, des Mediensystems, das uns gehört. Wie er sich anstellt, davon wird abhängen, ob wir sowas behalten wollen, oder demnächst dankend verzichten.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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