Ein kleineres Problem als anderswo in Deutschland
von Detmar Jobst
Am Tag der Urteilsverkündung des Europäischen Gerichtshofes gegen Deutschland – es ging um zu hohe Nitratwerte im Grundwasser – saß ich im Betriebsgebäude des WTV (Wahnbach-Talsperren-Verband Siegburg/Bonn) und ließ mir die Sachlage für das Bonner Trinkwasser erklären. Der Hydrogeologe Krämer und Geschäftsführer Eckschlag erläuterten mir die Grundwasserströmung hin zu den Trinkwasserbrunnen an der unteren Sieg. Im Vergleich zum Wasser der Talsperre werden hier höhere Nitratwerte gemessen, in einzelnen Beobachtungsbrunnen auch über 50mg/Liter, dem derzeitigen Grenzwert für Trinkwasser. Das Wasser aus den Grundwasserbrunnen wird dem aus der Talsperre jeweils nach einer Trinkwasseraufbereitung in unterschiedlichen, aber mengenmäßig hohen Anteilen zugemischt.
Würde man den Brunnen mit den höchsten Nitratwerten abschalten, der den landwirtschaftlichen Flächen am nächsten liegt, was mein Anliegen bzw. meine Frage war, gelangte die Nitratfracht von dort zum nächsten und zum übernächsten Förderbrunnen. Schließlich, wenn die Brunnen nicht mehr fördern würden, würde das Grundwasser in die Sieg abströmen, erklärten die Fachleute. Besser sei es, den Nitrateintrag weiterhin zu vermindern. Dafür unterhält der WTV eine Arbeitsgemeinschaft mit den Bauern (ALWB), denen sie als Dienstleistung mit einem Großgerät die Gülle zum richtigen Zeitpunkt in den Boden einarbeitet, indem über viele Schläuche Gülle in kleinen Mengen in den Boden portioniert wird. Dieses Verfahren und die verhältnismäßig geringe landwirtschaftliche Aktivität im Einzugsbereich hält die Nitratbelastung im Bonner Trinkwasser im Mittel zwischen 10 und 20 mg/l – allerdings mit größeren Schwankungen in Abhängigkeit vom Grundwasseranteil. In anderen Gebieten, z.B. in Niedersachsen oder in den Niederlanden, muss es dem Trinkwasser aufwändig entzogen werden!
Das nützt dem Bestand des Wiesengutes der Universität Bonn wenig: als Versuchsgut für organischen Landbau kann es nur organische Düngemittel ausbringen. Falls die Bezirksregierung Köln bei der Neuausweisung des Wasserschutzgebietes im Hennefer Siegbogen ein Ausbringungsverbot für organische Düngemittel erlässt, kann das Wiesengut in der bisherigen Form nicht weiter wirtschaften oder der WTV muss seine Grundwasserförderung aufgeben. Es muss wahrscheinlich tragischerweise weichen oder einer anderen Nutzungsform zugeführt werden. Die 800.000 vom WTV versorgten Menschen in Bonn und Umgebung hingegen brauchen sich wenig Sorgen über zu viele Nitrate in ihrem Trinkwasser zu machen. Sogar für Kleinkinder ist das Wasser geeignet und auch hygienisch empfehlenswert. Insgesamt ist jedoch der starke Eintrag von organischem und künstlichem Stickstoff in den Boden ein Problem, das erneut zur Intervention aus Brüssel geführt hat und gelöst werden muss.
Der Autor ist stellvertretender Bevollmächtigter der Stadt Bonn in der Verbandsversammlung des WTV,
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