Bundenskanzlerin Merkel hat mit ihrem mutigen Schritt, nicht mehr als Parteivorsitzende zu kandidieren, den Weg zur Erneuerung der CDU und der Bundesregierung eingeläutet. Sie hat es – im Gegensatz zu den alten Männern dieses Amtes, die in der Regel nicht beizeiten abtreten können, wie Konrad Adenauer, Helmut Kohl, aber auch Johannes Rau, Lothar Späth und Edmund Stoiber als Ministerpräsidenten – in der Hand behalten, wann und wie sie abtritt. Merkel hat eine klare Agenda: Ich übergebe die Partei einem/r Nachfolger*in und bleibe bis 2021 Kanzlerin. Das schafft der CDU Raum für Erneuerung und Alternativen und erhält der Bundesrepublik und Europa Stabilität durch die mächtigste Kanzlerin aller Zeiten.
Das ist Merkels Vermächtnis, aber es ist mit kleinen Fehlern behaftet, die zeigen, dass es klug ist, sich jetzt zurück zu ziehen. Wenn Merkels Plan aufgehen soll – übrigens egal, ob die Legislaturperiode noch 5, 15 Monate oder 2 1/2 Jahre dauert, dann muss ein/e CDU-Parteivorsitzende/r die Möglichkeit haben, sich als Kanzlerkandidat*in zu profilieren oder zumindest zu empfehlen. Es sei denn, er oder sie will die Chancen der CDU als letzter Partei, die wenigstens fähig scheint, in die Nähe der 30% zu kommen, nicht völlig ruinieren. Wer aber kann unter dem Gesichtspunkt, dass er/sie 2021 oder früher ein ernsthaftes Angebot der CDU für eine Kanzler*innenschaft anbieten kann, in der öffentlichen Diskussion überhaupt bestehen? Bisher niemand.
Der erste Flop:
Jens Spahn: Er hat den Vorteil, als einziger der bisher als Kandidaten genannten bereits über einen Ministerposten und ein Mandat im Bundestag zu verfügen. Das bedeutet, er kann in die öffentliche Diskussion eingreifen, er sitzt im Parlament und er hat durch sein Ministeramt durchaus an Ernsthaftigkeit gewonnen. Aber er ist ein Exponent des rechten Flügels der CDU, der nicht die Mitte der Partei anspricht, er ist reichlich jung und er ist ein Exot, der spaltet, statt zusammen zu führen. Er ist Lehrling, politische Kind, von Angela Merkel ins Kabinett geholt, nicht, weil er dafür qualifiziert ist, sondern weil die einen Teil des konservativen Flügels befrieden wollte. Er mag kandidieren, aber er hat nur geringe Chancen – allerdings wird er sich damit bei weiten Teilen der Partei zukünftig unentbehrlich machen.
Der zweite Flop:
Friedrich Merz. Wo alt-68er Karriere als Pudding-Attentäter machten, fuhr er zehn Jahre später ein frisiertes Mofa im Sauerland. Man stelle sich vor, das nächste Programm der Union zur Finanzpoltik wird in den Büros der Heuschrecke Blackrock in Düsseldorf redigiert. Merz gehört zu den Haifischen, die vor Jahren plötzlich tot waren, nachdem Merkel in ihr Becken gefallen war. Warum sollte ein Mann politisch auferstehen, der in der CDU nicht nur keine Mehrheit finden kann, sondern weder ein Bundestagsmandat, noch sonst irgendwelche Möglichkeiten hätte, um sich auf politischer Bühne zu profilieren? Er wäre ein Talkshow-Vorsitzender und wäre gezwungen, vom ersten Tag seines Vorsitzes an den Sturz der Kanzlerin zu betreiben. Selbst zur Selbstvernichtung der Union bereite Anhänger des Wirtschaftsflügels können das nicht wollen. Er kommt 20 Jahre zu spät, um sich an Angela Merkel zu revanchieren und er hat kein Programm außer einem geldgierigen Neoliberalismus, dessen Zeit vorbei ist. Gegen ihn spricht zudem, dass er das offensichtlich nicht erkennen kann. Er kann nur gewinnen, wenn eine Mehrheit der CDU für eine sofortige Ablösung Merkels und Krieg in der Partei wäre. Unwahrscheinlich.
Leider auch der dritte Flop:
Anneget Kramp-Karrenbauer – sie war die ideale Nachfolgerin, Kronprinzessin, loyalste Unterstützerin Merkels mit ähnlichem realpolitischem Instinkt, smart, offen, ähnlich wie Merkel, aber gesellschaftspolitisch eher konservativ, pragmatisch – die hätte es werden können. Aber Merkel hat den ersten Doppelfehler ihrer Karriere gemacht, der nun auch Annegret Kramp-Karrenbauer aus dem Rennen werfen wird: Merkels erster Fehler ist, dass sie Kanzlerin bis zum Ende der Legislaturperiode bleiben will – egal, wie lange die sein wird, ob 6 Monate oder 2 1/2 Jahre. Wie soll sich denn eine CDU-Vorsitzende neben ihr profilieren, wenn ihr weder ein Regierungsamt, noch die Mitgliedschaft im Bundestag, noch die Möglichkeiten als Ministerpräsidentin zur Verfügung stehen? Wäre AKK noch Ministerpräsidentin des Saarlandes, wäre sie die Nummer eins für Merkels Job. Sie könnte jederzeit im Bundestag über die Bundesratsbank und im Bundesrat Position zu aktuellen Fragen beziehen und eingreifen. Aber das hat sie zugunsten des “General” der CDU abgegeben und das war – zusammen mit der Entscheidung, bis 2021 Kanzlerin zu bleiben, der Doppelfehler von Merkel. Sie hat ihre Wunschnachfolgerin genauso zur APO-Parteifunktionärin gemacht, wie es Friedrich Merz wäre. Nur ohne Lobbyistenmalus. Ob sie das heilen könnte, indem Merkel Sie nach der Wahl zur Vorsitzenden zur Ministerin machte, – aber für welches?
Der “natürliche” Nachfolger
Im Gegensatz zu den machtlosen und perspektivlosen Streblingen der Union gibt es eigentlich nur einen ernsthaften Kandidaten, der noch übrig bleibt: Armin Laschet. Er repräsentiert – wie Merkel und AKK – die aktuelle Mitte der Union. Er ist Ministerpräsident des größten Bundeslandes, er kann Konflikte managen und Mehrheiten organisieren. Er führt eine Schwarz-gelbe Koalition, kann mit Lindner und hat schon vor 20 Jahren Schwarz-Grün als realistisch bezeichnet, als keiner seiner Parteifreunde das zu denken wagte. Er kann im Bundestag von der Länderbank aus reden, er kann im Bundesrat Politik gestalten. Und damit ist er der einzige, der neben und nach Angela Merkel glaubwürdig darstellen kann, dass die Union mit der Ablösung der Kanzlerin nicht jegliche Ambition verliert, ab 2021 zu regieren. Er wäre in der gleichen Situation wie Helmut Kohl, der 1976 als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz nach dem Kanzleramt griff. Und er könnte wie dieser Erfolg haben.
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