von Matthias W. Birkwald MdB/Die Linke
Bundesminister Heil macht einen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings bleibt er auf halbem Weg hin zu einer armutsfesten Solidarischen Mindestrente von 1050 Euro netto stehen. Der Vorschlag ist ein Erfolg der LINKEN, da wir seit Langem die Wiedereinführung einer reformierten “Rente nach Mindestentgeltpunkten” fordern. Ich hoffe, dass die SPD das Konzept im Regierungshandeln auch durchsetzen wird.

Gut ist …

Gut ist, dass endlich das Problem der Altersarmut, was durch die Zerschlagung der Rentenformel durch frühere Regierungen befördert wurde, angegangen wird, dass die Leistungen aus Steuern finanziert werden sollen und dass Kindererziehungs- und Pflegezeiten mitzählen. Schlecht ist, dass Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht mitgezählt werden. Schlecht ist vor allem, dass die Armutsgrenze der EU für Deutschland für viele Rentnerinnen und Rentner in weiter Ferne bleibt, das Ganze erst 2021 eingeführt werden soll und nur für Menschen mit 35 Beitragsjahren gelten soll.

Sehr schlecht ist …

Sehr schlecht ist, dass Minister Heil im BamS-Interview nur von Bruttorenten spricht und die Nettowerte (-11 Prozent für KV und Pflege) völlig unterschlägt. Nach 35 Jahren gesetzlichem Mindestlohn würde sich die Rente zwar auf 896 Euro brutto verdoppeln, aber netto (!!!) wären das mit 798 Euro nur popelige zwei Euro über der durchschnittlichen heutigen Grundsicherung im Alter. Das ist wirklich nur weiße Salbe. Und es zeigt die begrenzte Wirkung seiner Maßnahme. Deshalb muss der gesetzliche Mindestlohn bis 2021 dringend auf 12 Euro angehoben werden!

Gut ist auch …

Gut ist auch, dass Bestandsrentner grundrentenberechtigt sein sollen und gut ist ebenfalls, dass ein Freibetrag von 125 Euro beim Wohngeld für Grundrentner eingeführt werden soll. DIE LINKE fordert in ihrem Rentenkonzept ein reformiertes Wohngeld und die Auszahlung der einkommens- und vermögensgeprüften Solidarischen Mindestrente von 1050 Euro netto durch die gesetzliche Rentenversicherung.

Würde das Konzept von Bundesminister Heil wirklich Realität werden, dann wäre es auch ein Beitrag dazu, die Dunkelziffer in der Grundsicherung im Alter herabzusetzen, weil Menschen, die aus Scham und anderen Gründen keinen Antrag auf Grundsicherung stellen, dann automatisch Leistungen in Höhe der Grundsicherung und etwas darüber erhielten. Das ist gut.
Insgesamt also Licht und Schatten. Nichtsdestotrotz gilt es, dieses (wenn auch bei Weitem nicht ausreichende) Konzept gegen Marktradikale, Konservative, Schwarze-Null-Fetischist*innen aller Art zu verteidigen, die allesamt keinen Cent zur Bekämpfung der Altersarmut in die Hand nehmen wollen.

Über Matthias W. Birkwald (Gastautor):

Matthias W. Birkwald ist Mitglied des Deutschen Bundestags, parlamentarischer Geschäftsführer und rentenpolitischer Sprecher der Fraktion "Die Linke".