Hier in Deutschland dagegen nur “Schlechte-Laune-Meisterschaft”
“24/7” ist verhältnismässig bekannt. So werden Jobs charakterisiert in denen der Mensch totalverfügbar ist und das, was früher “Freizeit” genannt wurde, sich aufgelöst hat. In ideologischer Verbrämung wird das als Gipfel der “Selbstbestimmung” verkauft, als Abschaffung der entfremdeten Arbeit. Die Identifizierung des*der Arbeitenden mit ihrer*seiner Arbeit gewährleistet optimale effizienteste Ausbeutung und vermeidet, dass der*die Arbeitende sich gegen seine Arbeit und seine Ausbeutenden wendet.
Das sehen chinesische Arbeitgeber und Milliardäre – Damen sind mir in diesem Zusammenhang nicht bekannt – ganz ähnlich. Sie leben und profitieren jedoch nicht nur von “24/7”, sondern auch von “996”: von 9 bis 9, 6 Tage die Woche. Ein Super-Wettbewerbsvorteil im globalen Konkurrenzkampf, mglw. sogar eine Voraussetzung für Chinas Aufstieg zur Weltmacht. Nun droht dieser Wettbewerbsvorteil dahin zu schmilzen, weil es immer mehr Chines*inn*en gibt, die sich dagegen wehren wollen. Darüber berichtet Felix Lee/taz. Ein zarter Hinweis in seinem Bericht erwähnt den Aufwand des Berufspendelns. Das muss langsam mal Gegenstand der internationalen Klassenkämpfe werden, nicht nur die Netto-Arbeitszeit. Wie lange ist der*die Arbeitende von Tür zu Tür fremdbestimmt, und was bekommt sie*er dafür? D.h. Verkehrspolitik und Stadtplanung, Immobilienbesitz und seine Verortung, Mieten und Mietrendite müssten Eingang in eine kämpferische Gewerkschafts- und Tarifpolitik finden.
Was davon diskutieren wir in Deutschland? Hans Hütt/FAZ hat wieder für mich Anne Will geguckt. Und es muss wie immer furchtbar gewesen sein. Ich bevorzuge die ZDF-Krimis, es hat sich wieder gelohnt. Hütt kann teilweise geholfen werden; einen CO2-Rechner, der ähnlich wie ein Wahl-O-Mat funktioniert gibts bereits, hier beim Umweltbundesamt. Küppi, heute sehr ernsthaft aufgrund unserer aktuellen Fußball-Schlechte-Laune (bei ihm BVB, S04 und Gladbach auch nicht besser) benennt, was sie bei Will hätten diskutieren können:
“Die Frage ist nicht, ob das Gemeinwohl an der Wirtschaft teilhat, sondern – ob es dafür auch etwas zurückbekommt. Wohnen, Wasser, Nahrung, Gesundheit, Bildung, Daten, Verkehr: Zurzeit beint der Profit die gesellschaftlichen Aufgaben aus; und von Wohnungsmangel bis Pflegenotstand zeigt er – er kann’s nicht. Auch BMW verschnuckerte etwa die staatliche Abwrackprämie und bastelte derweil Betrugssoftware. Doch hinter plakativen Beispielen lauert die anstrengende Arbeit, praktikable Modelle zu entwickeln. Wollen Mitarbeiter lieber Lohnerhöhung als abstrakte Anteile? Müssen sie ihren Mitbesitz aufgeben, wenn sie die Firma wechseln? Ich habe mit solchen Fragen Rechtsanwälte durchsubventioniert und keine Lösung bekommen.”
Ich kann mich an Zeiten erinnern, in denen solche Fragen in Parteien diskutiert wurden. Daraus entstanden Gesetze, die in ihrem Titel noch keine Propaganda zu verbreiten versuchten, sondern die Sache unsexy faktisch bezeichneten, z.B. “Betriebsverfassungsgesetz”. Könnte mal jemand ausgraben und überarbeiten. In Hauptstadtberlin hat nur leider keine*r Zeit für sowas, s.o. Hans Hütt.
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