Amateur- und Profifussball, bei Damen und Herren, ist ein kompliziertes Geflecht von Abhängigkeiten und Macht über Menschen, mit, wie könnte es anders sein, sehr körperlich orientierten Komponenten. Während ich im gymnasialen Sportunterricht noch der Nazizeit entlaufene Schleifer als Sportlehrer erlebte, geht es heute eher um Karrieren, Selbstoptimierung, Sexyness und Vermarktung. Durch #metoo zieht nun auch in den gesellschaftlich ewiggestrigen scheinbaren “Schonraum” des Mikrokosmos Fußball die Selbstermächtigung der Opfer ein – der Kern der #metoo-Debatte.
Während in den USA jugendliche Turn-Olympiasiegerinnen schon ganze Sportverbände zum Einsturz gebracht haben, steht diese Erfahrung dem korruptionsgestählten Fußball erst noch bevor. Die Sportredaktion der taz hats gemerkt: Andreas Rüttenauer fasst den öffentlichen Stand der Debatte zusammen, und Alina Schwermer kommentiert.
Wie wird es weitergehen? So, wie sich eines Tages schwule Herrenfussballer outen werden, so werden eines Tages auch sexuelle Missbrauchsfälle ans Licht kommen. Wenn sich die ersten getraut haben werden öffentlich zu sprechen, wird es kein Halten mehr geben, die ganze Jauche wird sich über eine verstörte und schockierte Öffentlichkeit ergiessen. Eltern, deren Kinder in Fußballvereine wollen, werden völlig neue Fragen stellen. Der Fußballapparat wird sich diesen neuen Fragen und Konkurrenzen stellen müssen. Könnte sein, dass wir nah an dem Kipp-Punkt sind, an dem es bergab geht.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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