Donatella Di Cesare und Tomasz Konicz
Donatella Di Cesare führt im Jungle-World-Interview einen mir neuen Begriff ein, um heutigen Faschismus von historischem Faschismus angemessen zu unterscheiden: “Souveränismus”. Im Deutschen wird er sich vermutlich nicht durchsetzen, weil sein Klang zu positiv ist. Mir ist als Assoziation sofort der langjährig “populärste deutsche Politiker” eingefallen, der Ex-Bundesfinanzminister Schäuble (2009-17). Wie eine ungesteuerte Dampfwalze (“Regeln müssen eingehalten werden”) hat er die EU plattgefahren, bis sie wurde, wie sie ist: in der globalen Systemkonkurrenz zwischen China und den USA nicht mehr ernstzunehmen. In dieser Rolle war er ein würdiger politischer Repräsentant des exportaggressiven – auch und gerade gegen die innereuropäische Konkurrenz – deutschen Grosskapitals. Analytisch ist der Begriff von Signora Di Cesare also gar nicht so schlecht erfunden; und zur Lage in Italien hat sie sowieso Erhellendes zu sagen.
Tomasz Konicz/telepolis versucht in seinem langen Stück über die Todessehnsucht der Rechten, materialistische Analyse, Freudsche Psychoanalyse, Adornos Kritische Theorie sowie das aktuelle globale Klimadesaster zusammenzufügen. Ich teile seine Sicht, dass die Welt mit den Mitteln des Kapitalismus gewiss nicht zu retten ist. Denn im Gegenteil hat er ja als “Sieger” der Geschichte zu dieser Lage geführt. Auch Konicz’ Diagnose der apokalyptischen Todessehnsucht der Rechten halte ich für zutreffend. Umso wichtiger ist es, sie aufzuhalten und zurückzudrängen. Leider trägt Konicz dazu – ausser Analyse – nichts bei, weil er selbst einen apokalyptischen Ton liebt. Schade eigentlich.
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