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Mein Hausarzt hat doch recht!

Gurgeln hilft

Meine Geschwister und ich haben als Kinder mit Leidenschaft abends im Badezimmer beim Zähneputzen das Gurgeln geübt und gewetteifert, wer es am längsten kann. Und gegen Halsweh gab es von der Omma leckeren Zwiebelsaft mit Zucker. Ich habe das einfache Rezept immer wieder angewendet, als meine Kinder noch klein waren. Und selbst Medizinern noch mal empfohlen, wenn sie die alten Hausmittel vergessen hatten.

Anfang März kam mir zum ersten Mal die Überlegung, dass man solche alten Hausmittel und Techniken eventuell als Vorbeugung gegen Corona einsetzen könnte, zumindest zur Verringerung der sogenannten „Virenlast“ in Rachen und im Atem.
Mich trieb die Frage um, ob man durch Verringerung der Virenanzahl im Hals und Nasenraum eine eigene Covid-Erkrankung abschwächen und / oder die Infektionsgefahr, die Infizierte für andere Menschen darstellen, herunterdrücken könnte. Das waren erst mal nur Gedankenspiele, zumal mein Hausarzt mir schon vor 30 Jahren geraten hatte, gegen meine immer wiederkehrende Atemwegskatarrhe mit Öl den Mund zu spülen und zu gurgeln, sowie Kopfdampfbäder/Inhalationen zu machen. Gegen den Katarrh haben diese alten Hausrezepte gut geholfen.

Bei Freunden und Nachbarn erntete ich erst skeptisches Augenbrauenhochziehen oder „na ja wir können es mal mal versuchen“- Antworten von medizinisch Vor- oder Ausgebildeten. Mein eigener Mann lachte mich aus. Er konnte das Thema Corona schon damals nicht mehr hören, es ging ihm auf die Nerven. Ich hab es trotzdem gemacht. Freunde erzählten mir, sie machten es mit Olbas-Tropfen, mit Salzwasser etc.

Mundspülung als Virenbremse?

Dass ich – wie viele andere Menschen ebenfalls – mit meinen Überlegungen nicht ganz falsch lag, zeigte sich Anfang August.

Anfang August kam eine Pressemeldung von der Ruhruniversität Bochum, die zunächst nicht weiter von großen Medien beachtet, aber in Fach- und Publikumszeitschriften für Apotheken und Zahnärzte berichtet und diskutiert wurde. Die Mikrobiologen der Ruhruni hatten, im Verbund mit weiteren Instituten, untersucht, ob man Sars-Cov2-Viren mit Hilfe handelsüblicher Mundspülungen bekämpfen könne, um damit die Virenlast zumindest für eine begrenzte Zeit, z.B. für Zahnbehandlungen, zu senken, damit der Zahnarzt keine Angst vor seinen Klienten zu haben bräuchte und der Hals-Nasen-Ohren-Arzt beim „A“-Sagen keine volle Ladung Virus abbekomme.

Sie haben etwas Virusmaterial in Glasröhrchen gegeben, dazu ein Substrat, das Speichel darstellen soll, darauf Mundspülung jeweils von acht verschiedenen Marken und Rezepturen geträufelt, 30 Sekunden lang geschüttelt (nicht gerührt) und dann geprüft, wie viele Viren danach noch aktiv waren.

Hier ist der wissenschaftliche Artikel dazu. Nun müssten noch Versuche mit Tieren oder mit lebenden Personen, die das Virus haben, stattfinden.

Eines der Mundspülmittel, das im Reagenzglastest ziemlich gut abschnitt, ist Listerine Cool Mint. Seine virenhemmende Wirkung überstieg sogar leicht die des bei Ärzten beliebten Chlorhexamed.

Sobald diese Pressemitteilung draußen war, gab der Hersteller Johnson & Johnson auf seiner Webseite sehr eindringlich eine Warnung aus. Keinesfalls sei das Mittel für eine Bekämpfung von Covid19 geeignet, und nicht zum Gurgeln! Das Mittel sei entwickelt worden, um Plaque und Zahnfleischentzündungen zu bekämpfen, nicht Corona. Dazu kommt: Listerine Cool Mint enthält einen Schaumbildner, der Blasen wirft, wie ich herausfand. Dieses Gebahren von Johnson & Johnson fand ich etwas seltsam. Anstatt sich über bislang unbekannte positive Wirkungen ihres Mittels zu freuen und es entsprechend zu vermarkten, ein Dementi, das fast schon panisch wirkte.

Ich glaube trotzdem, sie haben da was falsch verstanden. Es geht nicht um die Bekämpfung der Erkrankung an sich, sondern der fiesen Biester, die sich im Rachen und in der Nase einnisten, die Erkrankung verursachen und vom Träger rundherum versprüht werden. Gegen die Viren, die sich bereits in Bronchien oder Lunge festgesetzt haben, hilft aber auch keine Mundspülung mehr. Vielleicht schaffen für diese Fälle heiße Kopfdampfbäder zum Inhalieren wenigstens etwas Erleichterung.

Haben wir hier also eine Parallele zu der Erfindung von Viagra? Für ein ganz anderes Anwendungsgebiet entwickelt, nämlich für das Herz, stimuliert es ja bekanntermaßen bei Männern auch etwas ganz anderes.

Mund- zu Mundpropaganda

Die meisten Menschen haben wahrscheinlich die Warnung von Johnson & Johnson gar nicht mitbekommen. Jedenfalls scheint das Mittel sich mittlerweile großer Beliebtheit zu erfreuen, denn immer wenn ich danach suche, ist der Platz im Regal leer.

Natürlich sind Leute besonders daran interessiert, die beruflich viel sprechen oder auch singen.

Kurz nach der Veröffentlichung der Ruhruni erzählte mir eine Bekannte, die Sängerin ist, dass sie eine Kollegin ihr eine Mundspülung empfohlen habe. Sie wollte das mal ausprobieren. Wir fachsimpelten ein bißchen, und ich recherchierte daraufhin intensiver.

Jedenfalls haben auch die Zahnärzte offenbar nicht auf Ergebnisse von Lebendversuchen an Covid19-Patienten oder Versuchstieren gewartet. Sie verabreichen ihrer Kundschaft vermehrt beherzt Mundspülungen VOR der Behandlung. Hier allerdings eher das altbekannte und allseits geschätzte Chlorhexamed.

ACHTUNG: Schaum vorm Mund durch Gurgeln mit Listerine

Tatsächlich ist mit Listerine zu spülen einfach, aber damit gurgeln sollte man auf keinen Fall! Listerine wirft beim Gurgeln Blasen. Schaumblasen! Das kann nur ein geübter Gurgelhals aushalten! Ich habs ausprobiert. Glauben Sie mir!

Dass man mit Chlorhexamed hingegen gut gurgeln kann und keine Schaumschlägerei macht, dürfte zumindest den älteren Semestern bekannt sein. Die Kinder lernen heutzutage solche einfachen Gesundheitstechniken heute ja nicht mehr. Die anderen Mittel, Dequonal und ein Jodpräparat, kenne ich nicht.

Zudem kam bei mir Genugtuung auf, als die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) vor kurzem Empfehlungen zur Mund-Rachenhygiene herausgab, in Zusammenarbeit mit den Mikrobiologen der oben genannten Ruhruni Bochum. Die DGKH rekurriert auf vorbeugende Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge in Japan und im Deutschen Reich während der Spanischen Grippe, während der Schweinegrippe u.a. und auf Prophylaxestandards in der DDR. In Westdeutschland seien diese einfachen Methoden völlig aus der Mode gekommen seien, erklärt sie. Möglicherweise könne man durch die Senkung der Virenlast nicht nur seine Infektiosität senken, sondern auch die eigene Erkrankung erleichtern.

Die Hygieniker kommen zu dem Schluss, dass Spülen und Gurgeln mit ätherischen Essenzen in alkoholischer Lösung auf jeden Fall helfen könne, ebenso mit grünem Tee oder Salzwasser. Ginge es dann auch mit Olbas-Tropfen oder japanischem Heilpflanzenöl?

Die DGKH geht noch weiter und schlägt vor, dass man die Viren gleich auch aus der Nase rausputzen könnte und sollte, durch Nasendusche. Abwegig ist das nicht, denn die Nase ist das Haupteinfallstor für die Viren. Ihre Aufgabe ist es ja, die Atemluft zu filtern, und deshalb bleibt ein großer Teil der Biester im Riechorgan hängen, so wie die Natur es vorgesehen hat.
Von da aus werden die, die nicht schon an ACE-Rezeptoren angedockt sind, mit den Flimmerhärchen in den Rachen transportiert und dort runtergeschluckt oder rausgespuckt.
Das erklärt m. E., dass bei Abstrichen im Rachen oft nicht so viel oder gar kein Virusmaterial gefunden wird, und im Nasenabstrich wesentlich mehr.

In Köln und in Wien versuchen Forscher, Virennachweise durch Rachen- oder Nasenspülwasser vorzunehmen. Und dieses Rachen- oder Nasenwasser wird mit Gurgeln oder Nasenspülungen gewonnen.

Nasenspülungen sind allerdings nicht jedermanns Sache, und man sollte das mit seinem Arzt vorher abklären. Es gibt auch Gegenindikationen für diese Anwendung. Und es besteht immer die Gefahr, dass man auf diese Weise Keime in die Nasenhöhlen einschleppt.

Nasenspülsets gibt es in jeder Apotheke, und Youtubefilmchen zeigen, wie es geht, z.B. die Yogi-Variante aus der ayurvedischen Medizin.

Die rustikale Art ist mir am liebsten. Sie geht schnell und man muß hinterher nur ein Schüsselchen abspülen. Eine Schale voll frisch abgekochtem lauwarmen Wasser, Salz rein, Rüssel reinhalten, hochziehen und ins Waschbecken laufen lassen. Das kann man wenn man will mehrmals wiederholen. Anschließend schneuzen. Hilft auf jeden Fall gegen Schnupfen und Pollenallergie. Das Salz hält die Schleimhäute feucht. Nur abends ist es ungünstig, dann bleibt ein Teil des Wassers in der Nase und man hat am Morgen das Gefühl, die Nase sei verstopft.

Die Krankenhaushygieniker stellten aber auch noch eine andere Methode vor: Nasenspray als Virenschutz. Es gibt eine Povidon-Jodlösung, früher nahm man auch Kaliumpermanganatlösung, oder ein Spray, das Carrageenat, ein Extrakt aus Rotalgen, enthält, das sich wie ein Schutzfilm über die Nasenschleimhaut legt, damit keines der fiesen Biester sich dort festsetzen kann.

Und drei Apotheker aus München experimentierten mit verschiedenen Wirkstoffen, die bereits in Mundspülungen zum Einsatz kommen. Am Ende fiel die Wahl auf Octenidindihydrochlorid – die Substanz ließ sich nicht nur gut verarbeiten, sondern zeigte sich schon in Studien im Rachenraum besonders effektiv gegen Sars-CoV-2, am 14. Oktober diesen Jahres. Ein Hersteller habe schon Interesse gezeigt.

Vielleicht ist das eine Möglichkeit der Prophylaxe in Altenheimen, wenn man bei der nächsten Pandemie mal wieder keine Masken vorrätig hat. Oder bei der nächsten Grippewelle. Jedenfalls einfacher zu praktizieren als Nasenduschen.

Über Annette Hauschild / Gastautorin:

3 Kommentare

  1. Martin Böttger

    An der Stelle mit dem Zwiebelsaft ist mir leider schon schlecht geworden. Mein Hausarzt empfiehlt Hühnersuppe mit Curry. Das kommt mir mehr entgegen. Hilft zwar nicht gegen das Virus und die Lockdowns, aber doch dem persönlichen Wohlbefinden. Ich empfehle die vom Bistro Odeon (beim Momo), wenn sie auf der Wochenkarte steht. Mit Curry nachwürzen – danach kann der Tag nur noch Gutes bringen.

    • Roland Appel

      Brr. das ist wie Rettichsaft gegen Husten. Wirkt auch – großern weißen Rettich, in 5mm-abständen einschneiden und Kandiszucker in die Zwischenräume legen. Kriegte ich als Kind, schmeckt scheußlich, hilft aber. Lieber Currysuppe!!!!

    • Helmut Lorscheid

      Dann huste ich lieber.

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