Die FAZ bemüht sich seit ihrem Bestehen darum, das Organ der herrschenden Klassen in Deutschland zu sein. Folgerichtig betreibt sie mit dem Marktforschungsunternehmen Allensbach, das schon in den frühen Jahren der BRD der Bundesregierung und der CDU als Politikberatung diente, nicht nur Meinungsumfragen im biederen Volk, sondern auch in der “Elite” (veröffentlicht selbstverständlich hinter Paywall; es geht nicht alle was an). Da heisst es einerseits beruhigend, andererseits beunruhigend: “Wenige Wochen vor der Bundestagswahl liegen CDU und CSU einer im Auftrag der F.A.Z. durchgeführten Umfrage zufolge weiter deutlich vor SPD und Grünen. Allerdings wird der Vorsprung der Union kleiner.”
Zur Wechseldusche im FAZ-Politikteil gesellt sich eine bunte Reportage aus dem Schwarzwald (ebenfalls eingemauert): “Auf Wählerwanderung im Schwarzwald – Lange galt der Schwarzwaldverein als Vorfeldorganisation der CDU. Das ist heute nicht mehr so. Mittlerweile gehen die Emotionen im ältesten deutschen Wanderverein zum Verhältnis von Wanderern und Mountainbikern hoch.”
Noch gestern hiess es beunruhigend und die Zielgruppe wachmachend: “Kandidat in der Kritik : Laschet sieht keinen Anlass für Verzicht auf Kanzlerkandidatur – CDU und CSU hätten in der Kandidatenfrage klar entschieden, antwortete Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet auf die Frage, ob er erwäge, angesichts schlechter Umfragewerte auf seine Kandidatur zu verzichten.” Tödlicher für den Kandidaten kann derartiges Agendasetting kaum sein.
Nur wenig tröstend daneben: “Die Nummer Zwei bei den Grünen – Robert Habeck wäre gern Kanzlerkandidat der Grünen geworden. Nun muss der Ko-Parteichef Annalena Baerbocks Fehler erklären. Das kollidiert mit seinem eigenen Anspruch, nicht herumzudrucksen.” (ebenfalls Paywall)
Und was meint nun die Allensbach-“Elite”?
Wichtig für den Wahlausgang ist das nicht wirklich. Sind ja nicht viele. Relevanter ist es für Spendenfluss und Lobbying, das dafür umso mehr. Überraschungen sind nicht dabei. Laschet sei “glaubwürdig” (magere 49%); Scholz ein “kluger Stratege” (44%, knapp vor Laschet) mit “hohem Durchsetzungsvermögen” (46%, knapp vor Baerbock), sowie “kompetent/hohe Sachkenntnis” (60%, Laschet unter 40, Baerbock ca. 20%); Baerbock bestimme “den Kurs ihrer Partei” (37%) und habe – bitte nicht Lachen – “ausgeprägtes Charisma” (28%; Scholz und Laschet bei 10% und noch weniger).
Und jetzt der Clou: trotz dieser nicht komplett abwegigen, realitätsnahen Urteile würden 63% dieser “Elite” Laschet wählen, obwohl 77% der gleichen Leute meinen “Wir brauchen in wesentlichen Politikfeldern einen grundlegenden Politikwechsel”. In welche Richtung der gehen soll, ist daran zu erkennen, dass 40% sich Schwarz-Gelb wünschen, und 24% Schwarz-Grün. Letzteres halten 55% für “wahrscheinlich”.
“Umwelt- und Klimaschutz vorantreiben” hält diese Bande nur für die drittwichtigste Aufgabe – hinter “Digitalisierung vorantreiben” und “Deutsche Wirtschaft stärken”. Mann muss halt Prioritäen setzen. “Gesundheitssystem stärken” landet ausserhalb der Medaillenränge auf Platz 6, immerhin noch vor “Steuerreform durchführen”. Da haben wir ja noch mal Glück gehabt.
Selbstlobend erklären die Umfrager*innen: “Für das Elite-Panel wurden 103 Politiker befragt, darunter 18 Minister oder Länderchefs; aus der Wirtschaft 351 Personen, darunter 93 Vorstände großer Konzerne. 47 Befragte kommen aus der Verwaltung, zumeist leiten sie eine Bundes- oder Landesbehörde. Es ist damit die am prominentesten besetzte Umfrage Europas.”
1 Prominenter = 1 Stimme (Angaben über den Anteil von Frauen wurden nicht gemacht). Wie schön, dass die Wahl immer noch frei, gleich und geheim ist.
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